FinFisher: Durchsuchung wegen Exports von Staatstrojanern

Die Staatsanwaltschaft München hat mehrere Objekte von FinFisher durchsucht, auch im Ausland. Der Verdacht lautet auf illegalen Export von Spähsoftware.

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FinFisher: Durchsuchung wegen Exports von Staatstrojanern

(Bild: kirill_makarov/Shutterstock.com)

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Das Münchner Unternehmen FinFisher steht im Verdacht, Staatstrojaner exportiert zu haben. Da dieses Vorgehen rechtswidrig ist, hat die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) mit weiteren Organisationen eine Strafanzeige gestellt. Nun hat die Staatsanwaltschaft mehrere Objekte der Firma durchsucht. Recherchen von NDR und BR zeigen zudem Verbindungen zu Unternehmen im Ausland.

"Die Durchsuchungen sind ein wichtiges Signal. Dem illegalen Export von Spionagesoftware muss dringend ein Riegel vorgeschoben werden. Deutsche Unternehmen dürfen sich nicht zu Handlangern repressiver Regime machen", schreibt dazu Sarah Lincoln, Juristin und Verfahrenskoordinatorin bei der GFF. FinFisher stellt die Überwachungssoftware FinSpy her. Diese darf das Unternehmen zwar innerhalb der EU weitergeben, seit 2015 jedoch nur nach Genehmigung in Nicht-EU-Staaten.

Eine Exportgenehmigung der Bundesregierung soll es nicht geben. Trotzdem tauchte FinSpy 2017 auf einer türkischen Webseite auf, um dort offensichtlich Oppositionelle auszuspähen. In diesem Jahr entdeckte Amnesty International, dass auch in Ägypten die Spionagesoftware eingesetzt wurde: Bei der Untersuchung von Cyber-Angriffen auf Menschenrechtsorganisationen fand man bisher unbekannte Versionen von FinSpy für Linux und macOS. Die Staatsanwaltschaft hat die Ermittlungen bereits 2019 wegen des mutmaßlichen Exports in die Türkei aufgenommen, nachdem die GFF, Netzpolitik.org, Reporter ohne Grenzen und das European Center for Constitutional Rights und Human Rights Strafanzeige stellten.

Die Durchsuchungen sollen zwischen dem 6. und 8.Oktober gelaufen sein, 15 Objekte haben Ermittler angeschaut – auch von zwei Geschäftspartnern von FinFisher, sowie ein Partnerunternehmen in Rumänien. Wie NDR und BR berichten, lautet der konkrete Vorwurf "Verdacht des Verstoßes gegen das Außenwirtschaftsgesetz gegen Geschäftsführer und Mitarbeiter der FinFisher GmbH und mindestens zweier weiterer Firmen". FinFisher soll sich auf Nachfrage nicht geäußert haben. Bisher sei unklar, wie die Software ins Ausland exportiert wurde.

Recherchen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben ergeben, dass es eine "Art Parallelstruktur im Ausland" geben könnte. Man habe Daten aus dem Handelsregister Malaysias entdeckt, die belegen, dass Stephan Oelkers, einer der Geschäftsmänner von FinFisher, dort 2015 eine Firma mit dem Namen Raedarius M8 Limited gegründet hat. Der Geschäftszweck: "Lösungen im Bereich der Kommunikations- und Informationstechnologie" sowie "Vertrieb und Verkauf".

2019 soll dann die Regierung von Jair Bolsonaro aus Brasilien bei Raedarius M8 Überwachungssoftware im Wert von 850.000 US-Dollar gekauft haben. Das ginge aus einer Aufstellung der brasilianischen Generalstaatsanwaltschaft hevor. Firmen-Datenbanken zeigten laut NDR und BR Spuren zu weiteren Raedarius-M8-Firmen in Bulgarien, Pakistan und Dubai.

Oelkers starb 2016 in Indonesien, er soll einen Herzinfarkt erlegen sein. Die Raedarius-M8-Anteile gehören laut Handelsregister zu einem Viertel einem FinSpy-Entwickler und werden von einem Anwalt aus München verwaltet, dessen Kanzlei als Postadresse von FinFisher fungiert.

Reporter-ohne-Grenzen-Direktor Christian Mihr sagte NDR und BR, in der Hälfte der Fälle, bei denen sie eingriffen, werde Spähsoftware gefunden. "Das heißt, dass Journalisten inhaftiert wurden, weil sie vorher überwacht wurden. Dass sie gefoltert wurden, weil sie identifizierbar wurden."

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(emw)