Essener Online-Meldeformular für Corona-Verstöße sorgt für Disput

Verstöße gegen den Coronaschutz sollten strukurierter an das Ordnungsamt gesendet werden können. Bundestags-Vize Wolfgang Kubicki wittert Denunziation.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 322 Kommentare lesen
Essener Online-Meldeformular für Corona-Verstöße sorgt für Disput

(Bild: alphaspirit/hutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die Stadt Essen hat mit ihrem Online-Formular zur Meldung von Verstößen gegen die Corona-Regeln eine Kontroverse ausgelöst. Über das Formular können Bürger entsprechende Verstöße an das Ordnungsamt melden, sodass dies nicht mehr Telefon oder E-Mail erledigt werden muss.

Heftige Kritik kam von Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP), der das Formular auf Facebook als "Denunzierungsportal" bezeichnete, das "sofort gelöscht" werden sollte. Außerdem kritisierte er "chinesische Verhältnisse in Essen". Umgehende Kritik an den Aussagen Kubickis übte Essens Stadtdirektor Peter Renzel, der Kubickis Post "mehr als daneben" fand und den Bundestags-Vize über Facebook zu einer Entschuldigung aufforderte.

Das umstrittene Meldeformular der Stadt Essen versteckt sich im Bereich Formulare des dortigen Ordnungsamtes. Verstöße können unter Angabe des Ortes des Verstoßes, des Datums, der Uhrzeit, der Art des Verstoßes und einer allgemeinen Beschreibung gemeldet werden. Das Hochladen von Fotos ist optional. Das gilt auch für die Kontaktdaten des Meldenden. Die Art der Verstöße können aus einer Drop-Down-Liste ausgewählt werden. Bei ihnen handelt es sich allesamt um Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung (CoronaSchVO). Darunter fallen beispielsweise das Nichtragen von Mund-Nase-Bedeckungen, das Nichteinhalten von Hygienemaßnahmen beispielsweise in Geschäften und Gaststätten sowie auch das Ausrichten von "Corona-Partys", bei denen gegen die geltenden Corona-Regeln verstoßen wird.

Kubicki stößt sich daran, dass "Bürgerinnen und Bürger jetzt im amtlichen Auftrag zu Denunzianten gemacht werden". Fotos aus dem öffentlichen Raum sollen hochgeladen werden. Dies erinnere an "schlimmste Zeiten", schreibt er und ergänzt, dass es nur noch fehle, dass "die Abschnittsbevollmächtigten prozentual am Bußgeld beteiligt werden". Es werde dadurch nur "Angst und Misstrauen in unsere Gesellschaft" getragen. Dass solche Aussagen eines Vize-Bundestagspräsidenten bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie gerade bei den jetzt steigenden Infizierten-Zahlen von Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen vereinahmt werden können, daran dachte Kubicki offenbar nicht.

Denn die Mitarbeiter der Stadt Essen seien nach den Äußerungen Kubickis mit Hetze und einer "unfassbaren Fäkalsprache" in der Auseinandersetzung mit dem Formular bedacht worden, schreibt Renzel auf Facebook. Er stört sich vor allem an dem Wort "Denunzieren", das ein öffentliches Anschwärzen von Personen aus niederen Beweggründen bedeute. Das sieht Renzel bei dem Meldeformular aber nicht gegeben. Im Gegenteil: Die übermittelten Informationen seien nicht öffentlich, die Beweggründe auch nicht nieder. Die Corona-Maßnahmen und deren Einhaltung sollen vielmehr dem Schutz aller dienen. Für das Amt eines der "höchsten Repräsentanten unseres Landes" sei das Anprangern von "chinesischen Verhältnissen in Essen" deshalb nicht angemessen. Kubicki habe vorab auch keinen Kontakt zur Stadt Essen gesucht, um in einen Dialog über das Meldeformular zu treten.

Die Stadt Essen machte in einem Tweet deutlich, worum es bei dem Meldeformular eigentlich gegangen sei. So sollten die vielen, ungeordnet beim Ordnungsamt eingehenden Meldungen strukturierter an das Ordnungsamt gesendet werden können, um die Mitarbeiter zu entlasten. Das Formular sei weder aktiv beworben worden, noch habe man aktiv dazu aufgefordert, Verstöße zu melden.

(olb)