Zankapfel Homeoffice: Arbeitgeber befürchten Produktivitätsverlust

Sind Büroarbeiter im Homeoffice oder in der Firma produktiver? Eine Umfrage des ifo-Instituts kommt jetzt zu einem kritischen Urteil über mobiles Arbeiten.

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(Bild: Lapina/Shutterstock.com)

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  • dpa
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Unternehmen in Deutschland sehen einer neuen Umfrage zufolge das Homeoffice weit weniger positiv als viele Arbeitnehmer. Demnach bemerkt nur eine kleine Minderheit von 5,7 Prozent der Unternehmen bei mobilem Arbeiten eine Steigerung der Produktivität ihrer Mitarbeiter. Dagegen meldeten 30,4 Prozent der Firmen eine unveränderte, 27 Prozent sogar eine gesunkene Produktivität ihrer Belegschaft. Das Münchner Ifo-Institut befragte dazu im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen im Oktober 1097 Unternehmen.

Laut der aktuellen Ifo-Umfrage sehen vor allem kleine Firmen die Arbeit im Homeoffice skeptisch. Nur knapp 3 Prozent der Unternehmen mit bis zu neun Mitarbeitern berichteten von steigender Produktivität. Bei den Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern waren es dagegen 8 Prozent.

"Die Erklärung für die geringere Produktivität mag auch darin liegen, dass Unternehmen ein sozialer Ort sind", sagte Stefan Heidbreder, Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. "Der persönliche Kontakt der Mitarbeiter untereinander schafft eine Dynamik und Innovationskraft, die auch Videokonferenzen nicht ersetzen können."

Die Frage, ob die Tätigkeit im Homeoffice die Produktivität steigert oder nicht, ist ein politischer Zankapfel. Im Sommer hatte die Krankenkasse DAK Gesundheit nach der Befragung von 7000 Arbeitnehmern mitgeteilt, dass eine Mehrheit von 56 Prozent sich selbst im Homeoffice produktiver einschätze. Die DAK-Studie dient der SPD als Schützenhilfe für ihre Forderung eines gesetzlich verankerten Rechts auf Homeoffice. Auch aus anderen Ländern gibt es Studien und Umfragen zu dem Thema, mit widersprüchlichen Ergebnissen.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) würde die Heimarbeit über die Zeit der Pandemie dauerhaft mit einem Rechtsanspruch verankern, stößt damit aber auf Widerstand in der Union. Anfang Oktober hatte Heil ein Recht auf Homeoffice vorgeschlagen, das unter anderem vorsah, dass Beschäftigte bei einer 5-Tage-Woche 24 Tage im Jahr mobil oder im Homeoffice arbeiten dürften. Das lehnen Wirtschaftsverbände und die Union ab. Ende Oktober legte der Arbeitskreis Zukunft der Unions-Bundestagsfraktion einen Gegenentwurf vor.

Heil will nun mit einem Kompromissangebot Bewegung in die Debatte bringen: "Da die Union bei dieser Frage offensichtlich noch nicht im Jahre 2020 angekommen ist, bin ich bereit, den Anspruch auf 24 Tage Homeoffice im Jahr zurückzustellen", sagte Heil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Samstag). "Mein Vorschlag ist: Lasst uns jetzt zumindest gemeinsam einen modernen Rahmen für mobile Arbeit beschließen. Es geht mir darum, dass wir weiterkommen", sagte Heil.

Konkret will der Minister demnach, dass Arbeitnehmer das Recht auf ein Gespräch mit ihrem Arbeitgeber zum Thema Homeoffice bekommen. "Der Arbeitgeber darf den Wunsch dann nicht einfach so vom Tisch wischen, sondern muss gut begründen, warum es mit dem mobilen Arbeiten aus betrieblichen Gründen nicht geht." Mit dieser Änderung komme er der Union "weit entgegen", sagte Heil. "Wenn sie guten Willens ist, können wir rasch ein Gesetz machen. Ich will, dass das noch in diesem Jahr gelingt. Denn das schafft endlich Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeitnehmer."

Laut einer Umfrage von Bitkom Research zu dem geplanten Gesetz zum Anspruch auf Homeoffice sind die Deutschen allerdings geteilter Meinung: Während die Gruppe der 16- bis 29-Jährigen das Vorhaben mit 51 Prozent mehrheitlich begrüßt, überwiegt in den Altersgruppen ab 30 Jahren die Ablehnung mit 58 Prozent.

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[Update, 15.10.2020 10:30 Uhr]
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier lehnt auch eine abgewandelte Form eines möglichen Rechtsanspruchs auf Homeoffice ab. In der Bild am Sonntag erteilte der CDU-Politiker einem Kompromissvorschlag von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) im Streit um ein mögliches Homeoffice-Recht eine Absage. "Ich habe keinerlei Sympathie für Rechtsansprüche, die nur einigen wenigen Arbeitnehmern zugutekommen", sagte Altmaier der Zeitung und blieb damit bei seiner bisherigen Position. "In Corona-Zeiten sollten die Unternehmen so viel Homeoffice ermöglichen, wie es nur irgendwie geht, und das tun sie ja auch", sagte Altmaier. Aber dies sei eine Ausnahmesituation. "Der Gesetzgeber sollte nicht alles mit Regularien verpflichtend bestimmen."

(dwi)