Nach Abmahnung durch die Musikindustrie: Youtube-DL ist wieder da

GitHub hat den Quellcode der Software wiederhergestellt. Außerdem will man in Zukunft ähnliche Abmahnungen aktiv bekämpfen.

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YouTube

(Bild: dpa, Nicolas Armer)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Fabian A. Scherschel
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Youtube-DL ist wieder da; zuvor war die Bibliothek für Youtube-Downloads von GitHub verschwunden.

Nachdem die Interessenvertretung der US-Musikindustrie (RIAA) der Code-Hosting-Plattform GitHub eine Abmahnung bezüglich der Python-Bibliothek Youtube-DL geschickt hatte, wurde die Quellcode der Software von GitHub entfernt. Die RIAA war der Meinung, die Bibliothek verstoße gegen den Digital Millennium Copyright Act (DMCA) und hatte mit einer Klage gegen den von Microsoft betriebenen Code-Hoster gedroht.

Nun hat – nach Wochen des Protests durch Bürgerrechtler, Journalisten, Open-Source-Entwickler und einfache Nutzer der Software – GitHub das Repository von Youtube-DL wiederhergestellt. Die Software verstoße nach Einschätzung der eigenen Juristen nicht gegen den DMCA, teilte GitHub in einem Blog-Eintrag mit.

DMCA-Unterlassungsaufforderungen, etwa analog zu Abmahnungen durch Anwälte im deutschen Raum, kennt man sonst eher in einer Art, die sich gegen Content-Provider oder Kreative richtet. Rechteinhaber können dieses Instrument nutzen, um widerrechtlich verbreitete Inhalte, für die sie Urheberrecht beanspruchen können, aus dem Netz entfernen zu lassen.

Laut DMCA ist es allerdings auch verboten, "wirksamen Kopierschutz" zu umgehen. Software, die dazu geeignet ist, könnte somit auch gegen das Gesetz verstoßen. Das kennt man zum Beispiel aus den Auseinandersetzungen zum DVD-Kopierschutz CSS – und der dazugehörigen "illegalen" Primzahl. Und die RIAA ist wohl der Meinung das Youtube-DL eine solche Software ist, da sie dazu benutzt wird, gestreamte Video-Inhalte von YouTube herunterzuladen.

Dass Youtube-DL auch zum Download von ungeschützten und sehr freizügig lizenzierten Inhalten genutzt werden kann, wie viele Befürworter der Software argumentieren, scheint dabei irrelevant. Solange man damit wirksamen Kopierschutz umgehen kann, scheint die Drohung der RIAA erst einmal Hand und Fuß zu haben.

Nun sagt GitHub allerdings in seinem Blog-Eintrag zur Wiederherstellung der Software, dass dem nicht so ist. Dabei beruft man sich auf einen Widerspruch zur Abmahnung durch die RIAA, der durch die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) eingereicht wurde. Die EFF vertritt die Entwickler von Youtube-DL und hat den Fall untersuchen lassen. Dabei kam man zu dem Schluss, dass Youtube-DL keinen wirksamen Kopierschutz umgeht. Die EFF argumentiert, dass YouTube aktuell nicht wirksam verhindert, dass Nutzer Video-Streams herunterladen. Und in der Tat ist es möglich, mit etwas eigenem JavaScript-Code und einem handelsübliche Browser diese Funktion von Youtube-DL händisch zu erledigen und Videos herunterzuladen.

Zwar widerspricht dies einer Entscheidung des Landgerichts Hamburg von 2017, in der augenscheinlich ein Tracking-Mechanismus als wirksamer Kopierschutz angesehen wird. Das LG Hamburg hatte damals entschieden, dass es sich bei der in JavaScript implementierten Tracking-Funktion um wirksamen Kopierschutz handelt, da einfache Nutzer (wie wohl auch der Richter in dem Fall) nicht genug Wissen hinsichtlich von JavaScript-Programmierung und den technischen Details haben, um entsprechende Anfragen an die YouTube-Server korrekt zu stellen.

Dieser Argumentation nach wäre aber auch so ziemlich jedes unverschlüsselte Internet-Protokoll wirksame Verschlüsselung. Schließlich weiß der durchschnittliche Nutzer auch nicht, wie man einen HTTP-Request händisch ausführt. Die meisten Nutzer wissen schließlich nicht einmal, dass man den Quellcode jeder Webseite im Netz einsehen kann.

Die RIAA kann jetzt natürlich immer noch ihre Drohung umsetzen und GitHub und vielleicht auch die Entwickler von Youtube-DL verklagen. Die Argumentation der EFF scheint aber ziemlich stichhaltig zu sein, weswegen eine solche Klage eher wenig Erfolgsaussichten zuzurechnen sind.

Wahrscheinlicher ist, dass die RIAA nun versuchen wird, Druck auf YouTube auszuüben und die Plattform dazu zu bewegen, Inhalte in Zukunft zu verschlüsseln. In ihrem Brief erwähnt die EFF ausdrücklich den Streaming-Kopierschutz Widevine, den zum Beispiel Netflix verwendet. Sollte YouTube etwas Ähnliches implementieren, wäre ein Umgehen dieser Maßnahmen wohl ein klarer DMCA-Verstoß.

Eins hat die RIAA aber auf jeden Fall schon mal erreicht: GitHub scheint durch diese besondere Abmahnung aufgerüttelt worden zu sein. Was wohl auch daran liegt, dass GitHub-Chef Nat Friedman den Youtube-DL-Fall durchaus persönlich genommen hatte. So will die Code-Hosting-Plattform Entwickler in Zukunft besser gegen ähnliche Abmahnungen schützen.

Dazu will man ab sofort ähnliche DMCA-Abmahnungen von technischen und rechtlichen Experten prüfen lassen. Außerdem ruft die Firma einen Entwicklungs-Verteidigungs-Fonds ins Leben und zahlt dort eine Million US-Dollar ein, die dazu dienen sollen, die Anwalts- und Gerichts-Kosten betroffener Entwickler zu decken. Man will dazu mit in diesem Bereich bekannten Organisationen wie der EFF und dem Software Freedom Law Center (SFLC) zusammenarbeiten.

Und schließlich will GitHub bei der US-Regierung Lobbyarbeit leisten, um relevante Teile des DMCA ändern zu lassen. Besonders das Verbot von technischen Mitteln zur Umgehung von (wirksamem) Kopierschutz gehört nach Meinung der Code-Hosting-Plattform abgeschafft oder so geändert, dass es Entwickler von Software, die auch zu gesellschaftlich wichtigen Zwecken benutzt werden kann, nicht mehr beeinträchtigt.

(fab)