Beitragserhöhung gestoppt: ARD und ZDF wollen vors Bundesverfassungsgericht

Sachsen-Anhalt zieht die Reißleine und blockiert einen höheren Rundfunkbeitrag in Deutschland. Die Sender werden nun vor das Bundesverfassungsgericht ziehen.

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(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Nachdem Sachsen-Anhalt die Erhöhung des Rundfunkbeitrags blockiert hat, wollen sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nun ans Bundesverfassungsgericht wenden. "Eine Verfassungsbeschwerde ist leider unausweichlich. Ohne die ausreichende, unabhängig ermittelte Finanzierung wird das Programmangebot, das in allen Regionen Deutschlands verwurzelt ist, darunter leiden", sagte der ARD-Vorsitzende Tom Buhrow.

Auch ZDF-Intendant Thomas Bellut sagte, er sehe keine andere Möglichkeit als den Gang nach Karlsruhe. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei in diesem Verfahren "ganz offenbar zum Spielball der Politik in einem Bundesland geworden".

Zuvor hatte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) nach mehrwöchigem Koalitionsstreit den Gesetzentwurf für den Staatsvertrag zur Erhöhung des Rundfunkbeitrags zurückgezogen. Damit wurde eine Abstimmung im Landtag verhindert, was faktisch auch den höheren Rundfunkbeitrag blockiert. Der hätte nur mit Zustimmung aus allen Bundesländern wie geplant im Januar in Kraft treten können – und auch nur, wenn darüber alle Landesparlamente bis Ende Dezember formell entschieden hätten. Noch haben nicht alle Länder zugestimmt: In Mecklenburg-Vorpommern steht das Votum am Mittwoch auf dem Programm, auch Thüringen wird nach Verschiebung wohl erst in der Woche vor Weihnachten abstimmen.

Die Landes-CDU betonte trotz zahlreicher Krisentreffen mit den Bündnispartnern ununterbrochen, dass sie auf keinen Fall einer Erhöhung des Rundfunkbeitrags um 86 Cent auf 18,36 Euro zum 1. Januar 2021 zustimmen werde. Die mitregierenden Sozialdemokraten und Grünen wollten das Vorhaben aller Länder hingegen mittragen. Die CDU hätte ihr Veto auch gegen den Willen der Koalitionspartner mit den Stimmen der oppositionellen AfD durchsetzen können. Diese lehnt die Erhöhung und das System des Rundfunkbeitrags an sich ab. Eine gemeinsame Abstimmung seiner CDU mit der AfD wollte Haseloff aber auf jeden Fall vermeiden.

"Im Verfahren wurde die Beitragsdiskussion mit der Auftragsfrage völlig vermischt, was wir nach der bisherigen Rechtsprechung als unzulässig betrachten. Weder Sachargumente noch die unabhängige Empfehlung der KEF spielten eine Rolle", kritisierte Buhrow das Vorgehen in Sachsen-Anhalt. Unter anderem hatte der vergangene Woche entlassene Landes-Innenminister Holger Stahlknecht das Nein der CDU mit einem Negativ-Bild Ostdeutschlands in den öffentlich-rechtlichen Sendern gerechtfertigt. Auch kritisierte er Berichterstattung mit dem "erhobenen Zeigefinger der Moralisierung".

Eigentlich sollte der Rundfunkbeitrag erstmals seit 2009 wieder steigen – von 17,50 Euro auf 18,36 Euro. Die unabhängige Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) hatte das Beitragsplus von 86 Cent anhand des von den Sendern formulierten Bedarfs errechnet. Bei der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Sender wird eine Finanzierungslücke von rund 1,5 Milliarden Euro zwischen 2021 und 2024 vorhergesagt. ARD, ZDF und Deutschlandradio, für die der Rundfunkbeitrag die Haupteinnahmequelle ist, melden bei der KEF ihren Bedarf an.

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Ob und wenn ja, wann die 86 Cent Plus doch noch kommen, ist noch nicht absehbar. Laut Einschätzung des Rechtswissenschaftlers Bernd Holznagel könnten etwa ein dem Hauptverfahren vorgeschaltetes Eilverfahren beim Bundesverfassungsgericht eine vorläufige Steigerung zum 1. Januar bringen – zumindest bis eine Entscheidung im Hauptverfahren vorliegt. (Mit Material der dpa) /

(axk)