Vor 90 Jahren: Die erste elektronische Bildübertragung Deutschlands

Am 14. Dezember 1930 gelang dem deutschen Physiker Manfred von Ardenne die erste rein elektronische Bildübertragung – eine Schlüsseltechnik des Fernsehens.

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Manfred von Ardenne

(Bild: Bundesarchiv, Bild 183-K0917-501 / CC-BY-SA 3.0)

Lesezeit: 7 Min.
Von
  • Karl-Gerhard Haas
Inhaltsverzeichnis

Gleich, ob Film oder Fernsehen – bis die Bilder in ansehbarer Qualität laufen lernten, war es ein langer Prozess. Die Videoübertragung ohne mechanische Komponenten war ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur heutigen Flimmerkiste. Manfred von Ardenne (1907-1997) gelang dies in seinem Forschungslaboratorium für Elektronenphysik in Berlin-Lichterfelde vor genau 90 Jahren.

Richtiges Fernsehen war das aber noch nicht: Der Forscher ließ die Helligkeitswerte eines Dias von einem Lichtpunktabtaster ("flying spot scanner") erfassen und via Draht auf einer angeschlossenen Kathodenstrahlröhre darstellen. Es waren also mit der Technikdemonstration zu diesem Zeitpunkt noch keine bewegten Bilder möglich. Ein Sender, um die Bilder drahtlos zu Zuschauern zu transportieren, fehlte ebenfalls.

Dennoch war der durch von Ardenne erzielte Fortschritt so bedeutend, dass er im Folgejahr seinen Versuchsaufbau auf dem Funkausstellungsstand der damals noch in Berlin ansässigen Firma Loewe präsentierte. Bis dahin hatte man zwar bereits das theoretische Rüstzeug, um Bilder zu zerlegen und zu übertragen – die Praxis war aber im Wortsinne unansehnlich, dazu kompliziert und/oder sperrig.

Schon im Jahr 1877 hatte der Franzose Constantin Senlecq die Idee, Szenen oder Standbilder mit einer Rasterwand von Fotozellen abzutasten und zu übertragen, also mit elektronischen Bauelementen, die ihre elektrischen Eigenschaften abhängig von der Helligkeit ändern. In zeitgemäßer Form lebt diese Idee in den Sensoren von Film- und Fotokameras weiter. Den Flachbildschirm hatte Senlecq ebenfalls: Er bestand aus einem Glühlampenfeld – auch dies eine primitive Vorstufe moderner TV-Panel.

Das Problem war der Signaltransport: Senlecq verdrahtete jede Fotozelle parallel mit der entsprechenden Glühbirne, was bei seinem bescheidenen Raster von 50 mal 50 "Pixeln" 2.500 Leitungen bedeutete. Das war schon im Labor mühsam, als Fernsehsignal senden können hätte man diese Bilder nicht. Zudem erwiesen sich sowohl die Fotozellen wie auch die Glühlampen als zu träge – mehr als schemenhafte Bilder schaffte die Technik nicht.

Mit der Braunschen Röhre stand schon 1897 ein deutlich besserer und flinkerer Bildschirm bereit – bis zum Siegeszug der Flachdisplays änderte sich an dessen Prinzip nichts. Was fehlte, war eine praxistaugliche Aufnahmemöglichkeit, also eine Videokamera.

Senlecqs Fotozellen waren nicht die Lösung – der Deutsche Paul Nipkow und der Brite John Logy Baird setzten auf rotierende Lochscheiben. Sie tasten Szene oder Standbild punktförmig ab, lenken das Licht auf eine Fotozelle, die dann eine Wechselspannung abgibt, die der wechselnden Helligkeit des Motivs entspricht. Zum Transport des Bildsignals reicht eine Leitung – und es lässt sich bei Bedarf problemlos per Funk übermitteln, was das Fernsehen komplett macht. Für die ersten Versuche nutzte man zur Darstellung der Bilder wieder eine Lichtquelle, eine zweite, mit der Aufnahmeseite synchronisierte Lochscheibe und eine Leinwand oder Mattscheibe. Genauso gut kann aber eine Braunsche Röhre das Bild darstellen – die nutzte Ardenne dann auch recht schnell.

Funktionsweise einer Nipkow-Scheibe

(Bild: www.movie-college.de)

Auf der Aufnahmeseite kam man fürs Erste nicht von der Lochscheibe weg – obwohl den Technikern damals klar war, dass sich auch nur die Qualität des analogen SD-TVs mit seinen rund 500.000 Bildpunkten damit nicht würde realisieren lassen.