Schwarze Löcher – gibt es sie wirklich und wie können wir das wissen?

Schwarze Löcher gehören zu den faszinierendsten Objekten im Universum. Aber wie können wir eigentlich wissen, dass es sie überhaupt gibt?

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Simulation eines rotierenden Schwarzen Lochs vor der Milchstraße

(Bild: Yukterez (Simon Tyran, Wien), Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0)

Lesezeit: 42 Min.
Von
  • Alderamin
Inhaltsverzeichnis

Schwarze Löcher faszinieren seit sie vor mehr als 100 Jahren erstmals vorgeschlagen wurden. Einstein, dessen Allgemeine Relativitätstheorie ihre Grundlage bildet, glaubte nicht an sie, aber wir haben heute eindeutige Hinweise, die kaum einen anderen Schluss zulassen, als dass es diese seltsamen Objekte wirklich gibt. In diesem Artikel möchte ich darlegen, warum Astronomen sie für real halten.

Sie sollen zu tausenden als Zombies explodierter Riesensterne durch die Milchstraße geistern und alles verschlingen, das ihnen zu nahe kommt. Wer das Pech hat, einem Schwarzen Loch in die Quere zu kommen, wird von ihm zu einer Spaghettinudel auseinandergezogen und verschwindet auf Nimmerwiedersehen hinter dem Ereignishorizont. Es gibt sie in kleiner und sehr großer Ausführung mit kaum etwas dazwischen, und bei den ganz großen würde die Spaghettifizierung erst tief in ihrem Inneren stattfinden. In ihnen sollen Zeit und Raum die Rollen vertauschen und man könnte in ihnen rückwärts durch die Zeit reisen. In ihrem Zentrum verbirgt sich ein Punkt unendlicher Dichte oder vielleicht ein komplettes Universum – es ranken sich regelrechte Mythen um Schwarze Löcher.

Richtig ist, dass die meisten von ihnen als Reste von Supernova-Explosionen verbleiben, allerdings muss ein Stern wenigstens 25 bis 30 Sonnenmassen an Startmasse auf die Waage bringen, damit er nicht lediglich als Neutronenstern endet, und solche Sterne sind extrem selten, weniger als 0,01% der Sterne sind so massereich. Die Chance, dass dem Sonnensystem so ein Objekt irgendwann zufällig über den Weg läuft, ist astronomisch klein. Klein sind auch die Abmessungen eines Schwarzen Lochs; die Spaghettifizierung würde tatsächlich stattfinden, wenn man einem stellaren Schwarzen Loch auf ein paar Kilometer nahe käme: dort nimmt die Schwerkraft über den Radius so schnell zu, dass die Kraft, die an den Füßen zieht, viel stärker wäre als diejenige, die auf den Kopf wirkt, was einen letztendlich zerreißen müsste.

Allerdings muss man ihnen dazu extrem nahe kommen – wären sie normale Sterne, dann wäre man in dieser Entfernung von ihrem Zentrum genau so tot, weil man sich bereits tief in ihrem Kern befände. Weiter entfernt ist ihre Schwerkraftwirkung dieselbe wie die jedes anderen Sterns der entsprechenden Masse. Schwarze Löcher sind daher keine Staubsauger, die alles in Reichweite ansaugen und verschlingen; man könnte sie in ein paar Millionen Kilometern Entfernung Milliarden Jahre lang umkreisen, wie jeden anderen Stern auch. Ihre Schwerkraft wird nur deshalb in ihrer unmittelbaren Nähe so hoch, weil sehr viel Masse auf sehr kleinem Raum konzentriert ist.

Auf der anderen Seite gibt es supermassereiche Schwarze Löcher, die Millionen bis Milliarden Sonnenmassen aufbringen. Sie finden sich im Zentrum so gut wie jeder Galaxie und skalieren mit der Größe der Galaxie, so dass man davon ausgeht, dass sie mit den Galaxien zusammen entstehen (der genaue Mechanismus ist aber noch offen). Bei ihnen ist alles sehr viel größer, etwa in der Größenordnung von mehreren Sonnendurchmessern bis über die Größe des Sonnensystems hinaus. Auch der Radius, über den die Schwerkraft zunimmt, und so könnte man ohne viel zu bemerken und vor allem ohne spaghettifiziert zu werden in ein solches hinein fallen. Allerdings hätte man nach Passage des Ereignishorizonts keine Chance, es sich noch einmal anders zu überlegen und umzukehren.

Die Raumzeit fließt am Ereignishorizont gewissermaßen wie ein Wasserfall mit Lichtgeschwindigkeit in das Schwarze Loch hinein, und da sich nichts so schnell wie das Licht bewegen kann, hat man spätestens am Ereignishorizont verloren – von da ab gibt es nur eine Richtung: zum Zentrum hin, so wie die Zeit nur eine Richtung in die Zukunft kennt. Kurz vor dem Erreichen desselben wird man aber auch in einem supermassereichen Schwarzen Loch spaghettifiziert, man hat nur vorher die Gelegenheit, hinter sich das Weltall blauverschoben zu einem Tunnel zusammenschrumpfen zu sehen und dabei in die Zukunft schauen zu können; was den Nachteil hat, dass einen alles Licht, das noch ins Schwarze Loch fällt, grillen würde, weil die Zeit draußen zunehmend schneller verläuft. Falls man nicht schon gleich hinter dem Horizont in Hawkings Feuerwand fällt, aber wer weiß das schon…

Die Entstehung eines stellaren Schwarzen Lochs geschieht durch den Kernkollaps am Ende des Lebens eines sehr massereichen Sterns. In Sternen besteht ein Gleichgewicht zwischen dem Gewichtsdruck des Gases und dem Druck der bei der Fusion im Kern entstehenden Strahlung. Zu Beginn findet in einem kleinen, nur etwa erdgroßen Bereich die Kernfusion von Wasserstoff zu Helium statt. Da es keinen Austausch mit der Materie drumherum gibt, wird der Wasserstoff immer weniger und der Strahlungsdruck lässt nach, so dass der Stern zusammensackt und so Druck und Temperatur erhöht. Die Fusion verlagert sich somit weiter nach außen in eine Schale und der Stern wird ob des größeren an der Fusion beteiligten Volumens heller und heißer, was ihn äußerlich aufbläht. Bei steigendem Druck und Temperatur zündet dann irgendwann auch die Heliumfusion und produziert Kohlenstoff und Beryllium.

Auch das Heliumbrennen wandert irgendwann in eine Schale aus und so baut sich allmählich eine Zwiebelstruktur auf. Die letzte Stufe ist das nur einen Tag dauernde Brennen von Silizium, bei dem zahlreiche Kerne bis hinauf zum Eisen entstehen. Alle Fusionsphasen bis hierher haben Energie erzeugt und stabilisierenden Strahlungsdruck geliefert. Das ist nicht mehr der Fall, wenn Eisenatome beginnen, andere Kerne anzulagern, diese verbrauchen dafür Energie und kühlen das Innere des Sterns rasch ab, was den Strahlungsdruck zum Erliegen bringt.

Wo bei einem Weißen Zwerg die Elektronen zwischen den Atomen noch einen sogenannten Entartungsdruck aufbringen, da sie nach dem Pauli-Prinzip nicht den gleichen Raum im gleichen Quantenzustand bevölkern können und weil die Zahl der Quantenzustände begrenzt ist, ist der Gewichtsdruck in einem Stern von mehr als 10 Sonnenmassen groß genug, sie einfach in die Atomkerne hineinzuquetschen, wo sie sich mit den Protonen unter Freisetzung einer immensen Zahl von Neutrinos zu Neutronen vereinigen, die sich bedeutend dichter packen lassen.

Der Kern des Sterns kollabiert daraufhin im freien Fall zu einer weniger als 30 km durchmessenden Kugel und setzt dabei so viele Neutrinos frei, dass diese dem von außen in den Hohlraum einbrechenden Gas noch einen letzten Widerstand entgegensetzen können und es aufheizen, bis eine den Stern nach außen durchlaufende Druckwelle überall die nukleare Fusion zündet, die ihn in einer gewaltigen Explosion zerreißt.

Doch es verbleibt genug Materie in der Nähe des gerade entstandenen Neutronensterns, die nun auf ihn herabstürzt und ihn über die Kante stößt. Denn oberhalb einer bestimmten Masse, die irgendwo zwischen 2,1 und 3 Sonnenmassen liegt, kann auch ein Neutronenstern seinen eigenen Gewichtsdruck nicht mehr tragen. Die Physiker Tolman, Oppenheimer und Volkoff haben 1939 ausgerechnet, dass oberhalb der nach ihnen benannten Tolman-Oppenheimer-Volkoff-Grenze (TOV-Grenze) der Neutronenstern nicht mehr stabil sein kann, weil die Teilchen alle quantenmechanischen Energieniveaus besetzt haben (ähnlich wie die Elektronen an der bekannteren Chandrasekhar-Grenze zwischen Weißen Zwergen und Neutronensternen), was ihrem maximal möglichen Gegendruck eine Obergrenze setzt.

Darüber hinaus ist keine Kraft bekannt, die der Schwerkraft noch Paroli bieten könnte – und der Neutronenstern stürzt zu einer Punktmasse in sich zusammen, die hinter einem Ereignishorizont verschwindet, an dem die Zeit scheinbar zum Stillstand kommt, an dem der Schwerkraft nichts mehr entkommen kann, kein Licht, nicht einmal die Kausalität selbst – ein Schwarzes Loch.

So behauptet es jedenfalls die moderne Astrophysik. Aber wie kann sie Aussagen über Bedingungen machen, die in keinem Labor der Welt reproduziert oder erforscht werden können? Gilt Physik nicht immer nur in den Grenzen, in denen sie durch Messungen oder Beobachtungen verifiziert werden kann? Gibt es am Ende vielleicht gar keine Schwarzen Löcher?