Covid-19: Datenanalyse belegt große Wirksamkeit von Schulschließungen

Eine in "Science" veröffentlichte Studie berechnet aus Infektionsdaten die Wirksamkeit von Anti-Corona-Maßnahmen.

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Schüler beim Unterricht.

(Bild: Photo by NeONBRAND on Unsplash)

Lesezeit: 3 Min.

Ein Ende Dezember in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlichtes Paper könnte die aktuelle Diskussion um Schulschließungen in Deutschland durch Fakten untermauern: Ein internationales Team um Jan M. Brauner, Sören Mindermann und Mrinank Sharma von der University of Oxford hat aus dem zeitlichen Verlauf gemeldeter Infektionen und Sterbedaten die relative Wirksamkeit verschiedener Anti-Corona-Maßnahmen berechnet. Dabei kamen die Forscher zu dem Ergebnis, dass die Schließung von Schulen und Universitäten und die Beschränkung von Treffen auf maximal 10 Personen den größten Effekt auf die Weiterverbreitung der Virus haben. Die Schließung von nicht unbedingt nötigen Geschäften, Restaurants und Kneipen hat dagegen nur einen mittelgroßen Einfluss, Ausgangssperren zeigen nur einen geringen Effekt.

"Wenn Sie das Geschehen simulieren, müssen Sie relativ viele Annahmen treffen", sagt Jan Brauner, einer der drei Hauptautoren der Studie. "Unser Ansatz ist dagegen rein datengetrieben". Dabei nutzten die Forscher Infektionsdaten aus 41 Ländern - hauptsächlich in Europa - zwischen dem 20. Januar 2020 und dem 30. Mai 2020. Kern der Methode ist ein hierarchisches Bayes-Modell. Zunächst berechnetet die Wissenschaftler aus der Zahl der gemeldeten Corona-Toten und der Zahl der gemeldeten Infektionen den Verlauf der tatsächlich infizierten.

Aus dem Vergleich zwischen dem daraus hochgerechneten weiteren Verlauf der Infektions- und Sterbezahlen mit den tatsächlichen Daten konnten die Forscher dann die reale Reproduktionszahl und damit die relative Wirksamkeit der Anti-Corona-Maßnahmen berechnen. Da der Verlauf der Maßnahmen in den einzelnen Ländern unterschiedlich war, konnten die Forscher so auch Aussagen über die relative Wirksamkeit einzelner Maßnahmen treffen

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Insgesamt sieben Maßnahmen ordneten die Forscher dann in drei Wirkungsbereiche (hoch, mittel und gering) ein. Die Schließung von Schulen und Universitäten und die Beschränkung von Treffen auf maximal 10 Personen kann demnach die Reproduktionszahl des Virus - also die mittlere Zahl an Menschen, die ein Infizierter ansteckt - um jeweils bis zu 40 Prozent reduzieren. Die Schließung von nicht unbedingt nötigen Geschäften, Restaurants und Kneipen um 25 Prozent. Zusätzliche Ausgangssperren zeigen nur einen geringen Effekt von maximal zehn Prozent.

Die Aggregation und Konsolidierung der Daten hat allerdings auch Nachteile. "Die Aussagen zu den Maßnahmen sind recht allgemein", sagt Brauner, "aber dennoch kann man klare Trends erkennen". Um daraus konkrete Empfehlungen für die Politik ableiten zu können, müsse man den Kontext in den einzelnen Ländern berücksichtigen - wie etwa die Altersstruktur. Zudem empfehle es sich "so viele Fakten wie möglich zurate zu ziehen", also auch Daten aus Simulationen und epidemiologische Untersuchungen.

Aktuell arbeiten die Wissenschaftler daran, "die zweite Welle" zu verstehen. Ob die Aussagen aus der Studie, die für die erste Corona-Welle gilt, auf Herbst und Winter übertragbar sind, könne er nicht sagen, meint Brauner. "Dazu fehlen uns die Daten". Denn zum einen gäbe es sicherlich Verhaltensänderungen der Menschen, die berücksichtigt werden müssen. Zum anderen müsse man Effekte wie die neue, ansteckendere Corona-Variante B 1.1.7 berücksichtigen. (wst)