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Hintergrund: Jetzt oder nie - DAB auf der Kippe?

Eine Marketinginitiative will dem in die Jahre gekommenen Standard für digitale Hörfunkübertragung neuen Schwung geben.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Sven Hansen

Nun soll es wirklich ernst werden mit der rauschfreien Radiozukunft: Aus Digital Audio Broadcasting (DAB) wird Digital Radio. Eine von Geräteherstellern und Programmveranstaltern gegründete Marketinginitiative soll dem lahmenden DAB-Projekt auf die Sprünge helfen. Der neue Name inklusive Logo soll dabei helfen, den Konsumenten den neuen Standard näher zu bringen. Die weigerten sich nämlich bisher, die Vorteile von DAB einzusehen. Endgerätepreise von 1000 Mark und mehr taten ihr Übriges, um DAB-Empfänger zum Ladenhüter werden zu lassen. Kleine Stückzahlen = hoher Preis – hoher Preis = keine Kundschaft – keine Kundschaft = kleine Stückzahlen.

Doch nun soll der Kreis durchbrochen werden. Die Initiative Marketing Digital Radio (IMDR) will Digital Radio in den nächsten Jahren zum Durchbruch verhelfen. Mehrere Radio- und HiFi-Hersteller wollen auf der Funkausstellung neue Digitalgeräte vorstellen, die preiswerter als bisherige Angebote sind. Schon ab 400 Euro sollen die Radios für den Auto- und Heimbereich nun zu haben sein. Hauptzielgruppe sind daher noch die "early adopters", jene Konsumentengruppe, die gerne ein paar Mark mehr ausgibt, um immer auf dem neusten Stand zu sein. Ankündigungen der IMDR, nach denen schon Ende dieses Jahres Empfänger um 150 Euro zur Verfügung stehen sollen, werden von den Herstellern indes kritisch betrachtet: "Ich halte das für unrealistisch", sagt beispielsweise der Grundig-Produktmanager für Car Audio, Volker Zergibel.

Doch auf Dauer wird es für den Konsumenten ohnehin keine Wahlmöglichkeit geben. Der digitale Vollbetrieb ist nur bei Abschaltung der analogen Sender möglich. Über kurz oder lang wird man aus den zahlreichen analogen Tunern, Klein- und Kleinstradios nur noch digitales Zirpen vernehmen. Nach einem Beschluss der Bundesregierung aus dem Jahre 1998 soll spätestens 2015 das Aus für die herkömmlichen Rundfunksendungen auf UKW kommen. Im Jahre 2003 soll nochmals überprüft werden, ob diese Ausstiegstermine überhaupt zu halten sind. Auf Bundesebene ist man zurückhaltender geworden, denn DVB-T, das terrestrische Digitalfernsehen, kann auch zur Übertragung von Hörfunk genutzt werden. Im Gegensatz zu DAB ist der DVB-Standard weltweit bereits mit 30 Millionen Endgeräten vertreten, sodass die Kosten für Decoder-Komponenten in diesen Segment stark gefallen sind.

In Deutschland strahlen nach langen Probephasen und seit Beginn des Regelbetriebs 1999 private und öffentlich-rechtliche Sender mittlerweile über 100 Programme im digitalen DAB-Standard aus. Von den 31,58 Mark monatlichen GEZ-Gebühren sind 11 Pfennige für die digitale Aufrüstung des Sendenetztes bestimmt. Doch bei mancher Sendeanstalt liegen die DAB-Mittel, inzwischen 176 Millionen Mark, noch auf Eis. Wegen der mangelnden Marktakzeptanz ist man beim Ausbau vorsichtig. Der Mitteldeutschen Rundfunk hat sich bereits 1998 aus dem DAB-Angebot in seinem Sendegebiet zurückgezogen, der Hessische Rundfunk will es ihm nach Ende des Probebetriebs gleichtun. "Zunächst mal wollen wir die Funkausstellung abwarten und die weitere Entwicklung bis Ende 2002 beobachten", sagt hr-Sprecherin Bettina Kübler.

In den nächsten Jahren wird sich zeigen, ob Digital Radio zum Kassenschlager wird, oder ob den mutigen "early adaptors" bei DAB ein ähnliches Schicksal wiederfährt wie beim digitalen Satellitenradio (DSR): 1989 an den Start gegangen wurde der Sendebetrieb nach zehn Jahren wieder eingestellt. Zurück blieb eine enttäuschte Fangemeinde und ein Berg wertloser Endgeräte. (sha)