Abfindung für Esser bringt IG-Metall-Chef in Bedrängnis

Nachdem der IG-Metall-Chef Zwickel der Rekordabfindung für den ehemaligen Mannesmann-Chef Esser zugestimmt hat, gerät Zwickel selbst in Bedrängnis.

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Von
  • Angela Schiller
  • dpa

Der Goldene Handschlag für den früheren Mannesmann-Chef Klaus Esser erregt weiter die Gemüter. Mit insgesamt 59 Millionen Mark Abfindung und Prämienzahlung verließ Esser nach der Übernahmeschlacht zwischen Mannesmann und Vodafone im Frühjahr 2000 das Unternehmen. "Unanständig hoch und für keinen Arbeitnehmer mehr nachvollziehbar", fand IG Metall-Chef Klaus Zwickel die Summe und sprach damit vielen Normalverdienern aus der Seele. Doch nun gerät Zwickel wegen dieser Zahlung an Esser selbst in Bedrängnis: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt auch gegen ihn als Mitglied des Mannesmann-Aufsichtsrates.

Bis heute ist in der Frankfurter IG-Metall-Zentrale nicht bekannt, was genau die Staatsanwaltschaft dem Gewerkschaftsführer vorwirft. Ein Anruf aus Düsseldorf am vergangenen Freitag ging ins Leere, weil Zwickel noch in Urlaub war, berichtet sein Sprecher, Claus Eilrich. Am Montag kehrte Zwickel an seinen Arbeitsplatz zurück und wurde dort von einer Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft überrascht, bevor er selbst Kontakt mit den Behörden hatte. Über diese Erklärung hinausgehende Auskünfte habe er bislang nicht bekommen. Wohl auch deshalb hat der Gewerkschaftsvorsitzende selbst bislang zu dem ganzen Vorgang geschwiegen und einen Rechtsanwalt eingeschaltet.

"Wir haben ein hohes Interesse daran, dass die Ermittlungen zügig vorangetrieben werden", sagte Eilrich. Gleichzeitig wird er nicht müde, die Vorwürfe gegen den IG-Metall-Chef zurückzuweisen. Zwickel habe Esser nicht zu der Abfindung in Höhe von zehn Millionen britischen Pfund "verholfen", er sei an dem zwischen Esser und Vodafone-Chef Chris Gent ausgehandelten Deal "nicht beteiligt" gewesen, und er habe sich erst recht nicht persönlich aus der Mannesmann-Kasse bereichert. Als Mitglied des Ausschusses für Vorstandsangelegenheiten habe sich Zwickel bei allen entscheidenden Abstimmungen über Zahlungen an Mannesmann-Manager der Stimme enthalten, also nicht zugestimmt.

Der vierköpfige Ausschuss des Kontrollgremiums war nach Darstellung der IG Metall am 17. Februar über die zwischen Esser und Gent vereinbarte "Anerkennungsprämie" in Höhe von 31 Millionen DM - zusätzlich zu seiner Abfindung für die vorzeitige Auflösung des bis 2004 laufenden Vertrages in Höhe von 28 Millionen DM - informiert worden. Als Esser darauf bestand, die Prämie von Mannesmann gezahlt zu bekommen, habe sich der Ausschuss am 28. Februar noch einmal mit der Frage befasst. In dieser Sitzung hätten sich Zwickel und sein Gewerkschaftskollege, der langjährige Mannesmann-Konzern-Betriebsrat Jürgen Ladberg, der Stimme enthalten. "Wenn beide mit Nein gestimmt hätten, wäre es trotzdem durchgegangen", betont Eilrich. Auch im Ausschuss gelte das Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden.

Auch wenn es faktisch nichts geändert hätte, politisch wäre ein Nein wohl klüger gewesen, heißt es in Gewerkschaftskreisen. Denn der öffentliche Eindruck über den integeren Zwickel hat durch die Berichte über die Ermittlungen gegen ihn gelitten. Als Chef der mächtigen Industriegewerkschaft mit 2,7 Millionen Mitgliedern sitzt Zwickel aber fest im Sattel. "Er wird sicher nicht über die Affäre stolpern", meint ein Beobachter mit Anspielung auf den Fall Steinkühler. Der damalige Gewerkschaftsvorsitzende Franz Steinkühler musste im Mai 1993 zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass er Informationen aus seiner Tätigkeit als Aufsichtsrat für private Aktiengeschäfte genutzt hatte. Mit dem Rücktritt wurde der Platz für seinen Stellvertreter Zwickel frei. In zwei Jahren, beim Gewerkschaftstag im Herbst 2003, will der 62-jährige Zwickel aus Altersgründen auf eine dritte Amtszeit verzichten. (Angela Schiller, dpa) / ()