Ursula von der Leyen: "Ich glaube an die Kraft von KI"

Die EU-Kommissionspräsidentin ist überzeugt, dass Künstliche Intelligenz das Leben von Millionen Menschen verändern und teils auch retten kann.

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EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen spricht auf der Digitalkonferenz "Masters of Digital".

(Bild: EU-Kommission/Etienne Ansotte)

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Künstliche Intelligenz (KI) ist für Ursula von der Leyen die Schlüsseltechnologie des von ihr ausgerufenen "digitalen Jahrzehnts" in Europa. "Ich glaube an die Kraft von KI", bekannte die EU-Kommissionspräsidentin am Donnerstag bei der Online-Konferenz "Masters of Digital" des Branchenverbands Digital Europe. Die Technik kann ihrer Ansicht nach "das Leben von Millionen Menschen verändern, teils auch buchstäblich retten".

Mit KI sieht von der Leyen etwa die "immense Chance" verknüpft, mehr Energie zu produzieren und den Verbrauch zugleich zu verringern. Die Technik sei imstande, einen Cyberangriff schneller zu erkennen, Krebs in Mammographien oder einen Herzinfarkt. Maschinengenerierte Daten könnten zudem "Felder ertragreicher machen" und generell die wirtschaftliche Erholung nach der Corona-Krise beflügeln.

Bei KI und anderen aussichtsreichen kommenden Technologien wie Quantenrechnern hinke Europa bei den Investitionen in Forschung und Entwicklung aber noch den USA und China hinterher, räumte die Ex-Bundesverteidigungsministerin ein. Jahrelang habe Europa Unternehmen viele Hindernisse in den Weg gelegt. Es sei ihnen etwa schwergefallen, grenzüberschreitend im Binnenmarkt tätig zu werden und genug Geld zu bekommen, um zu wachsen.

Von der Leyen verwies aber auch auf Erfolgsgeschichten wie die deutsche "Deep-Tech-Firma" Biontech, die den ersten Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt habe. Das Unternehmen sei eines der vielen Startups, die als Spin-off aus einer europäischen Universität anfingen. Jetzt ziehe es globale Investitionen und liefere den Impfstoff "an die ganze Welt". Dass Biontech und der Partnerkonzern Pfizer damit nicht nachkommen und die Debatte über ein Versagen der EU bei Lieferverträgen rund um Vakzine heiß läuft, erwähnte die CDU-Politikerin nicht.

Europa ziehe jetzt in der ersten Finanzierungsrunden mehr Wagniskapital an "als jede andere Region weltweit", freute sich die von der Leyen. Der alte Kontinent schwinge sich mit neuen Ideen zu einer "aufstrebenden digitalen Macht" auf, wobei Wirtschaft und Politik an einem Strang ziehen müssten.

Vor allem mit dem Corona-Konjunkturprogramm Next Generation EU sorge die öffentliche Hand für 750 Milliarden Euro Investitionen zusätzlich zum normalen Budget. Mindestens 20 Prozent davon würden in digitale Entwicklungen fließen und den flächendeckenden Ausbau von schnellem Internet sowie eine EU-Cloud auf der Basis von Gaia-X mit Datenschutz und -portabilität fördern. Digital Europe hatte voriges Jahr Alarm geschlagen, dass die EU-Staaten beim Haushaltsplan bei der Digitalisierung knauserten.

Dazu komme ein neuer Investitionsfonds für KI und Blockchain, der in diesem Jahr auf drei Milliarden Euro anwachsen könnte, führte die 62-Jährige aus. Neue Verantwortlichkeiten und Spielregeln führe die EU parallel mit dem Digital Services und dem Digital Markets Act für alle Firmen ein, "die in Europa tätig sind". Damit stelle die Politik auch sicher, dass der Digitalmarkt "zugänglich ist für alle Akteure". Um die Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung zu ermuntern, Daten breiter zu teilen, habe die Kommission zudem klare Regeln mit dem Data Governance Act vorgeschlagen.

Die Kommissionschefin sieht aber auch Gefahren im KI-Bereich etwa bei der biometrischen Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Nach Monaten der Konsultation über ihr KI-Weißbuch werde die Kommission daher bald ein rechtliches Rahmenwerk mit "Anforderungen für Hochrisiko-Technologien" aufstellen. Es gelte etwa sicherzustellen, dass nur "hochwertige Daten" genutzt würden.

Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel, hatte dem alten Kontinent tags zuvor ebenfalls enorme Chancen in Bereichen wie KI und dem Internet der Dinge attestiert: "Unsere Industriedaten zum Beispiel stellen eine gewaltige Ressource dar." Die Potenziale dieser neuen Art von Produktionsmitteln schienen unendlich zu sein. "Aber wir dürfen die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen: den Raubbau an unseren natürlichen Ressourcen", unterstrich der Belgier. Die Menschheit habe den Planeten – und die Artenvielfalt – "an den Rand einer Katastrophe gebracht".

"Also dürfen wir Daten – unsere neue Ressource des 21. Jahrhunderts – nicht auf dieselbe Weise missbrauchen", forderte der 45-Jährige. Er monierte, dass Unternehmen in den vergangenen Jahren auch persönliche Daten bereits "in ihrem Streben nach Profit" ausgebeutet hätten. Staaten wie China verwendeten sie zur Kontrolle ihrer Bürger. Michel hob daher hervor: "Wir müssen unsere neuen digitalen Ressourcen klug nutzen, um die 'Umwelt' unserer Grundwerte – Demokratie und individuelle Freiheiten – zu schützen."

(vbr)