EU-Mahnbriefe: Nur 3 Staaten haben Telecom-Kodex umgesetzt

Der europäische Kodex für die elektronische Kommunikation soll neuer Rechtsrahmen für Telekommunikation sein. Die EU-Staaten verschleppen die Umsetzung.

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Turm mit Mobilfunk-Antennen

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Vertragsverletzungsverfahren gegen gleich 24 EU-Mitgliedsstaaten leitet die EU-Kommission ein. Die betroffenen Staaten haben die EU-Richtlinie über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (EU 2108/1972) nicht fristgerecht bis 21. Dezember 2020 umgesetzt. Nur Finnland, Griechenland und Ungarn geben an, die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen getroffen zu haben.

Das hat die EU-Kommission am Donnerstag mitgeteilt. "Um die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht zu unterstützen, hat die Kommission den Umsetzungsprozess begleitet und ihnen umfassende Orientierungshilfen und Hilfestellung gegeben", erinnert die Kommission, "Darüber hinaus hat das Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) im Hinblick auf eine erfolgreiche Anwendung der neuen Vorschriften Leitlinien ausgearbeitet und veröffentlicht." Dennoch sind 24 der 27 Staaten säumig.

Zu den Zielen der Richtlinie gehören demnach mehr Wahlmöglichkeiten und Rechte für Verbraucher, effizientere Notrufverbindungen, Anreize für Investitionen in Netze mit sehr hoher Kapazität sowie besser vorhersehbare Regulierung, was Innovation beflügeln soll. Die ermahnten Mitgliedsstaaten haben nun zwei Monate Zeit, sich zu erklären.

Entsetzen wird der Mahnbrief in den EU-Hauptstädten nicht auslösen. Die Regierungen wissen, dass sie die Umsetzungsfrist versäumt haben. Die deutsche Bundesregierung hat ihren Entwurf für eine TKG-Novelle mit dem Kurztitel Telekommunikationsmodernisierungsgesetz erst am 16. Dezember verabschiedet; nun ist das Parlament am Zug. Es wird dauern. Für den 1. März hat der Bundestagsausschuss für Wirtschaft und Energie eine Anhörung anberaumt, die live im Internet übertragen werden wird.

In Österreich wurde die Regierungsvorlage gar erst am 20. Dezember ans Parlament übermittelt. Bei Fachleuten kommt der österreichische Umsetzungsentwurf nicht gut weg, wie eine Fachdiskussion des Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht der Universität Wien aufgezeigt hat. Georg Serentschy, einst Vorsitzender des europäischen Regulierergremiums GEREK und Geschäftsführer der österreichischen Telecom-Regulierungsbehörde, kritisiert zusätzliche Bürokratie für Wegerechte und Baugenehmigungen.

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Schlimmer noch: Zerstört ein Grundstückseigentümer grob fahrlässig fremde Kabel, soll der Netzbetreiber auf den Kosten sitzen bleiben. Und Netzbetreiber sollen Grundstückseigentümer deren Schäden ersetzen müssen, die diese sich selbst (!) fahrlässig zufügen. Das ermuntere niemanden, in Glasfaser zu investieren, so Serentschy. Auch Fachanwalt Lukas Feiler ortet Rückschritte und zudem Widersprüche im Gesetz, handwerkliche Fehler, mehr Bürokratie sowie Defizite beim Datenschutzteil, der einfach aus dem alten TKG 2003 kopiert wurde.

Konsumentenschutzjuristin Daniela Zimmer der Arbeiterkammer Wien kritisiert, dass das neue Gesetz lange Mindestvertragslaufzeiten beibehält und gleichzeitig Verbraucher zusätzlich benachteiligt: Hebt ein Betreiber während der Mindestvertragslaufzeit Preise an, sollen Kunden nur dann kündigen dürfen, wenn sie subventionierte Endgeräte zurückgeben oder Abschlagszahlungen leisten. Das wäre eine deutliche Verschlechterung des Verbraucherschutzes. Die öffentliche Begutachtung des geplanten österreichischen Telekommunikationsgesetzes, bei der jedermann Stellung beziehen kann, läuft noch bis 10. Februar.

(ds)