Angriff aufs Kapitol: Facebook wohl beliebtestes Netz des Mobs – nicht Parler

Nach der Attacke auf das US-Kapitol galt Parler als soziales Netz der Wahl der Angreifer. Dokumente der Anklage gegen Teilnehmer zeichnen nun ein anderes Bild.

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(Bild: dolphfyn/Shutterstock.com)

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In mehr als 200 Anklagedokumenten mit Bezug auf den Angriff aufs US-Kapitol wurde kein soziales Netzwerk auch nur annähernd so oft erwähnt wie Facebook. Das hat eine Analyse des US-Magazins Forbes unter Berufung auf Daten der George Washington University ergeben. Dort wurden demnach mehr als 200 Anklageschriften gesammelt, in denen 223 Individuen namentlich genannt werden. Insgesamt 73 Mal wird demnach in den Dokumenten auf Facebook verwiesen, 24 Mal auf Youtube und auf – die Facebook-Plattform – Instagram noch 20 Mal. Die besonders bei Rechten beliebte Twitter-Alternative Parler komme dabei lediglich auf acht Erwähnungen, heißt es in dem Bericht.

Am 6. Januar hatten Demonstranten das Kapitol in Washington D.C. gestürmt und die angesetzte Bestätigung des Wahlergebnisses unterbrochen. Der Mob war auf Aufforderung Trumps zu dem Parlamentsgebäude gezogen, in das dann eine beträchtliche Zahl von Menschen eindringen konnte. Viele einte die Überzeugung, dass die Präsidentschaftswahlen gefälscht wurden und Donald Trump im Amt bleiben sollte. Bei dem Angriff kamen mehrere Personen ums Leben, eine Frau wurde erschossen. Später wurden auch Rohrbomben sichergestellt. Die Aufarbeitung der Ereignisse dauert weiterhin an, im ganzen Land werden immer mehr mutmaßliche Teilnehmer und Teilnehmerinnen festgenommen.

Im Fokus der Aufmerksamkeit stand danach lange das vor allem bei Rechten und Rechtsextremen beliebte soziale Netzwerk Parler. Viele Nutzer hatten sich auf der Plattform live aus dem Kapitol gemeldet und etwa Videos hochgeladen, wohl auch, weil sie sich gar keiner Straftat bewusst waren. Auf der vergleichsweise kleinen Plattform waren die Beiträge sicher auch deutlich sichtbarer, als auf den großen Konkurrenten wie Facebook & Co. Trotzdem war vor allem die Plattform von Mark Zuckerberg für die Angreifer wohl deutlich zentraler, als dies bislang diskutiert wurde. Das legt die Analyse von Forbes zumindest nahe. Sie widerspricht auch Aussagen aus dem Hause Facebook selbst. Dort heiße es derweil, dass die Analyse vor allem zeige, wie bereitwillig man mit den Behörden zusammenarbeite.

Zwar schränkt Forbes ein, dass die Auswertung nicht abschließend zeige, welches soziale Netzwerk bei den Angreifern am beliebtesten war, aber sie lege doch immerhin nahe, dass es Facebook gewesen sein dürfte. In vielen Fällen hätten die Angreifer aber sowieso mehrere Plattformen benutzt.

Die Erwähnungen in den Anklagedokumenten beziehen sich auf öffentliche und nicht-öffentliche Einträge, darunter auch Androhungen von Gewalt. Auch Fotos, Videos und Livestreams aus dem US-Parlamentsgebäude würden von den Anklagevertretern zitiert. Facebooks Co-Geschäftsführerin Sheryl Sandberg hatte demnach vorher erklärt, dass die Attacken ihrer Überzeugung nach vornehmlich auf Plattformen organisiert worden seien, "die nicht unsere Fähigkeiten haben, Hass zu stoppen, nicht unsere Standards und nicht unsere Transparenz".

(mho)