Börsen-App Robinhood nach Suizid eines jungen Traders verklagt

Die Trading-App Robinhood habe einem jungen Mann irreführend hohe Verluste angezeigt und ihn so zum Suizid getrieben, so der Vorwurf seiner klagenden Eltern.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 95 Kommentare lesen

(Bild: Zakharchuk/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die US-Trading-App Robinhood sieht sich einem neuen Rechtsstreit gegenüber: Die Eltern des 20-jährigen Collegestudenten Alex K. werfen dem Anbieter in einer am Montag bei einem kalifornischen Gericht eingereichten Klage vor, ihrem Sohn durch irreführende Kommunikation und Nachlässigkeit großen emotionalen Stress verursacht und ihn letztlich in den Suizid getrieben zu haben. Laut einem Bericht des Fernsehsenders CBS hat der Collegestudent seit seinen Teenager-Jahren auf der Plattform gehandelt. Kurz vor seinem Tod im vergangenen Juni habe ihm die Robinhood-App Informationen angezeigt, die den Eindruck erweckten, er habe sich fatal verspekuliert.

Dem Bericht zufolge hat der Verstorbene trotz überschaubarer Börsenerfahrung riskanten Optionshandel betrieben. Zuletzt sei ihm in der App ein Verlust von 730.000 US-Dollar angezeigt worden, was aber irreführend gewesen sei. Kurz vor seinem Suizid habe er nachts dreimal den Kundensupport von Robinhood mit Bitte um Klärung angeschrieben, aber nur automatische Antworten erhalten – darunter eine, die ihn aufgefordert habe, 178.000 US-Dollar auf sein Konto einzuzahlen. Am Tag nach seinem Tod sei dann die Mail von Robinhood gekommen, die erklärte, dass seine Verbindlichkeiten aus dem Optionshandel durch andere von ihm eingegangene Optionen gedeckt seien.

Im Abschiedsbrief an seine Eltern stellte sich K. CBS zufolge die Frage, wie man einem 20-jährigen ein Investment mit derartigem Kredithebel in die Hand geben könne. Er habe es nicht beabsichtigt und sei sich auch nicht bewusst gewesen, mit welchen Risiken er hantiere; er habe gedacht, er könne nur das Geld schulden, das er auch besitze. Mit "Fuck Robinhood" schließe der Brief. Die Eltern erklärten CBS, sie seien von sehr begrenzten Risiken ausgegangen, die ihr Sohn eingehe.

Robinhood brüste sich, die Finanzmärkte zu "demokratisieren" und einfach zugänglich zu machen – tatsächlich ziele man aber auf junge, unerfahrene Kunden und verleite sie zu hochriskantem Handel, werfen die Eltern von K. den App-Betreibern in ihrer Klage vor. Und echte Hilfe für die Kunde gebe es nicht. Ähnliche Vorwürfe hatte im Dezember bereits die Finanzaufsicht des US-Bundesstaats Massachusetts erhoben und Robinhood verklagt: Man gamifiziere den Handel für die jungen Leute, ohne sie vor den Risiken zu schützen und richtig aufzuklären.

Robinhood zeigte sich gegenüber verschiedenen Medien erschüttert vom Tod des jungen Mannes. Seit Juni biete das Unternehmen mehr Hilfestellungen und Erläuterungen für den Optionshandel an, erklärte ein Sprecher. Auch sei die Anzeige in der App überarbeitet worden und es gebe inzwischen auch die Möglichkeit, mit Kundenbetreuern direkt zu sprechen.

Generell bietet Robinhood seinen Kunden bereits seit längerem Anlass für zahlreiche Beschwerden, berichtet CBS. So würden etwa Kundendienstmitarbeiter ohne entsprechende Qualifikationen in finanziellen Fragen beraten oder Anfragen schlicht unbeantwortet versanden.

Im Zuge des Börsenkriegs zwischen Kleinanlegern aus Onlinecommunities und großen Hedgefonds um Aktien wie GameStop steht Robinhood auch in der Kritik. Die App hatte mehrere Tage lang die Kaufmöglichkeiten ihrer Kunden beschränkt. Auch hier stehen der Plattform mehrere Klagen ins Haus, zudem sind Untersuchungen seitens der US-Politik angekündigt. Zuletzt musste Robinhood 2019 und 2020 Millionenstrafen zahlen, weil die Plattform nach Ansicht der Aufsichtsbehörden Finra und SEC Trades zuungunsten ihrer Kunden ausgeführt hatte. In Deutschland ist die App nicht auf dem Markt.

(axk)