US-Polizei nimmt Demonstranten gegen Polizeibrutalität ins Visier

Videos aus Amazons Ring-Türklingeln sollen zeigen, ob Demonstranten Recht gebrochen haben. Bürgerrechtler sehen einen Fischzug der Polizei.

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Amazon Ring

Amazon Ring - Türklingel mit Videoüberwachung

(Bild: Amazon)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Frank Schräer

Video-Türklingeln wie Amazons Ring werden zunehmend zu Hilfsmitteln US-amerikanischer Polizeibehörden. Bürgerrechtsorganisationen haben bereits vor Überwachung politischer Aktivitäten und Proteste gewarnt. Jetzt ist bekanntgeworden, dass die Polizei in Los Angeles tatsächlich Ring-Nutzer nach Videos der Black-Lives-Matter-Massenproteste des letzten Sommers gefragt hat.

Amazon vertreibt seine Türklingeln in den USA zusammen mit der Neighbors-App. Die nur dort verfügbare App erlaubt es, Überwachungsvideos zu veröffentlichen, sodass kooperierende Polizeibehörden oder in der Nähe wohnende Bürger die Aufnahmen sehen können. Amazon setzt Polizeibehörden als Vertriebspartner der privaten Überwachungskameras ein, wollte das aber geheim halten. Mittlerweile arbeiten über 2000 US-Polizeibehörden mit Ring zusammen.

Die Polizei kann aber nicht selbst auf die privaten Überwachungsvideos der modernen Türspione zugreifen, sondern benötigt die Zustimmung des jeweiligen Ring-Anwenders. Die mit Ring kooperierende Polizei beauftragt deshalb einen ihnen zugeordneten Ring-Mitarbeiter damit, die Hausbesitzer zu kontaktieren. Dieser erbittet das Einverständnis des Ring-Nutzers mit Zeitangaben und Erklärung des zu untersuchenden Tatbestand. Die Zeitangaben können sich über mehrere Stunden erstrecken, denn oft ist unklar, wann genau beispielsweise in ein Auto auf der Straße eingebrochen wurde.

Auf Anfrage der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) hat die Polizei in Los Angeles (LAPD) verschiedene Anfragen an Ring-Nutzer preisgegeben, die im Zusammenhang mit den Black-Lives-Matter-Massenprotesten im Sommer 2020 stehen könnten. Auf Nachfrage konnte oder wollte das LAPD keinen spezifischen Gesetzesverstoß nennen, dem sie mit den Anfragen nachgehen möchte.

Die Polizei nutze verschiedene Methoden zur Identifizierung von Personen, die in kriminelle Verhalten verstrickt sind, heißt es lediglich. Das LAPD hat in seiner Auskunft die Daten und Zeiten der gewünschten Überwachungsvideos geschwärzt. Nur in einem Fall ist von einem Video im Zusammenhang mit "den kürzlichen Protesten" die Rede.

Die EFF beschuldigt das LAPD deshalb der Verschleierung. Videoaufnahmen viele Stunden vor und nach einem bestimmten Vorkommnis während der Demonstrationen wären überzogen. Dazu gehören auch Überwachungsvideos.

Technologien wie die privaten Videos aus Türklingeln würden den Polizeibehörden erlauben, jeden Winkel jeder Nachbarschaft zu überwachen. Dies sei laut EFF ein Risiko für die freie Meinungsäußerung. Die EFF verlangt deshalb strengere Regeln zu diesen bislang kaum regulierten privaten Überwachungsvideos.

(fds)