Premium-Webcam: Razer will mit der Kiyo Pro ins Büro

Mit der Webcam Kiyo Pro will der für Gaming-Zubehör bekannte Hersteller Razer berufliche Videotelefonate optisch aufwerten.

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(Bild: heise online)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Berti Kolbow-Lehradt
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Nach Notebooks, Mäusen und Tastaturen mit Office-Ambitionen richtet Gaming-Spezialist Razer damit nun auch eine Webcam an PC-Arbeiter im Präsenz- und Heimbüro. Der Fokus liegt auf softwaregestützte Bildkorrektur bei ungünstigen Lichtverhältnissen.

Damit soll die Kiyo Pro vor allem Vielvideotelefonierer abholen, die sich über die mitunter bescheidene Darstellung integrierter Laptop-Kameras ärgern. Die Aussicht auf mehr Bildqualität muss ihnen aber den hohen Kaufpreis von 210 Euro wert sein.

Herzstück der Kamera ist der laut Razer und Zulieferer Sony besonders lichtempfindliche CMOS-Sensor IMX327. Eine hohe Lichtausbeute erzielt er demnach durch rückwärtige Belichtung und eine beachtliche Pixelgröße von 2,9 Mikrometern. Letztere ergibt sich aus dem Sensorformat von 1/2.8 Zoll und der Auflösung von 2,1 Megapixeln.

Razer Kiyo Pro (4 Bilder)

Die Razer Kiyo Pro braucht keinen proprietären Stecker, sondern lässt sich mit einem beliebigen USB-C-Kabel verbinden.
(Bild: heise online
)

Außerdem verarbeitet der Sensor die Bildsignale mit Sonys HDR-Technik namens STARVIS. Sie war ursprünglich dafür gedacht, in Sicherheitskameras schlecht ausgeleuchtete Gesichter gut erkennbar abzubilden. Dieses Tätigkeitsprofil adaptiert Razer mit der Kiyo Pro jetzt für Videokonferenzen, die in schummrigen Büros bei unvorteilhaftem Seiten- und Gegenlicht stattfinden. Zugunsten von Aufhellungstricks per Software verzichtet der Hersteller auf ein ins Kameragehäuse eingebautes Ringlicht.

Videogespräche schärft die Kiyo Pro per Autofokus, sie streamt maximal in Full-HD (1080p) mit 60 Bildern pro Sekunde. Solange HDR zugeschaltet ist, drosselt die Webcam die Framerate auf 30 Bilder pro Sekunde. Für eine möglichst hohe Sprachqualität überträgt ein Stereo-Mikrofon die Audiosignale mit 16 Bit bei 48 KHz. Um trotz hoher Datenraten die Bandbreite des Internetanschlusses nicht zu strapazieren, codiert die Kamera die Bilder mit dem datensparsamen H.264-Standard.

Nominell deckt das Kameraobjektiv ein eher weitwinkliges Sichtfeld von 103 Grad ab, sodass auch eine kleinere Gruppe aufs Bild passt. Wer weniger von seinem Umfeld zeigen möchte, reduziert den Bildausschnitt in der Hersteller-Software wahlweise auf 90 und 80 Grad.

Mittels einer L-förmigen Falthalterung ließ sich die Kiyo Pro beim ersten Ausprobieren schnell und einfach an eine Bildschirmkante klemmen. Das hohe Eigengewicht von kolossalen 245 Gramm sorgt für einen stabilen Sitz, bringt leichte Notebooks im Praxistest aber zum Kippeln. Alternativ ist die Webcam mit zusammengefaltetem Sockel plan auf dem Tisch platzierbar. Ein Standardschraubgewinde erlaubt die Montage auf einem beliebigen Stativ. Anhand zweier Scharniere und des um 360 Grad drehbaren Kamerakopfes lässt sich die Blickrichtung feinsteuern.

Wer möchte, verbirgt das Objektiv bei Nichtgebrauch hinter einem mitgelieferten Deckel, um ungewollte Blicke auszuschließen. Für den Transportschutz dürfte das nicht zwingend nötig sein, weil Gorilla Glass 3 die Frontlinse gegen Kratzer wappnet.

Für die Kontaktaufnahme mit dem Computer gehört zum Lieferumfang ein 1,5 Meter langes Kabel, das mit USB 3.0 für hohe Datenraten von 5 GB pro Sekunde spezifiziert ist. Auf Rechnerseite mündet es in USB-A, die Kiyo Pro wiederum hat einen USB-C-Anschluss. Dadurch kann alternativ auch ein handelsübliches Smartphone-Ladekabel zum Einsatz kommen.

Die Kiyo Pro lässt sich sowohl unter Windows als auch unter macOS einsetzen. Dort arbeitet sie ohne Weiteres mit gängigen Videoanrufprogrammen wie Zoom, Skype und Microsoft Teams zusammen. Fürs Game-Streaming hat Razer das Zusammenspiel mit Open Broadcaster Software und Xsplit geprüft und abgenommen.

In vollen Umfang können Videotelefonierer die Webcam aber ausschließlich auf Computern mit Microsoft-Betriebssystem ausreizen. Denn lediglich darunter läuft die Konfigurationssoftware Razer Synapse 3. Sie ist dann nötig, wenn man zugunsten einer höheren Bildrate das standardmäßige eingeschaltete HDR deaktivieren will. Außerdem lässt sich nur über das Razer-Programm das Sichtfeld des Objektivs digital zurechtschneiden. Andere Parameter wie Helligkeit, Sättigung und Weißabgleich lassen sich zum Teil auch in den Optionen von Videotelefonieprogrammen ändern, allerdings nicht so bequem wie mit der passgenau abgestimmten Bedienoberfläche von Razer Synapse. Mit dem Fokus auf Windows vernachlässigt Razer somit die Zielgruppe der beruflichen Mac-Nutzer.

In einem kurzen Praxistest hinterließ die Bildqualität der Kiyo Pro einen guten Eindruck. Im Vergleich zu den eingebauten Webcams eines Huawei MateBook D14 aus 2020 und eines iMac 27 aus dem Jahr 2019 überzeugte das Hochpreismodell direkt aus dem Karton mit einer viel ausgewogeneren Belichtung bei gleichzeitig kräftigerer und natürlicher Farbwiedergabe. Schwierige Lichtsituationen wie hartes Streiflicht und leichtes, seitlich versetztes Gegenlicht konnte die HDR-Technik der Kamera wirksam kompensieren.

Ein Fenster im Rücken als einzige Lichtquelle zeigten den Algorithmen aber die Grenzen auf. Wie viele andere Webcams entschied sich die Kiyo Pro dafür, den Himmel korrekt und das Gesicht unterzubelichten.

Die Kiyo Pro ist ab dem 23. Februar zunächst im Online-Shop von Razer erhältlich. Spätestens Ende März soll sie auch bei gängigen Elektronikhändlern verfügbar sein, sobald diese ihre Bestände entsprechend aufgestockt haben. Der Preis von 210 Euro ist etwas günstiger als das Top-Modell Brio von Webcam-Spezialist Logitech, das allerdings sogar in 4K streamen kann. Während aber Logitech die Brio-Varianten und andere Geräte angesichts des Homeoffice-Booms zum Teil nur verzögert oder gar nicht liefern kann, sieht sich Razer für eine "hohe Nachfrage im angemessenen Rahmen" gewappnet, betonte der Hersteller gegenüber heise online.

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