EU-Kommission geht wegen letzter Meile gegen Deutschland vor

Es bestehe die Gefahr, dass beim Breitband-Netzzugang jeglicher Wettbewerb zu Gunsten der Deutschen Telekom unterbunden werde, hieß es in Brüssel.

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Von
  • Jürgen Kuri

Nun ist die Katze aus dem Sack: Die EU-Kommission geht wegen unzureichender Öffnung der Telefon-Ortsnetze rechtlich gegen Deutschland vor. Bereits am gestrigen Donnerstag war bekannt geworden, dass die EU-Kommission mit der Liberalisierung auf der "letzten Meile" nicht zufrieden ist, und deshalb Verfahren gegen EU-Mitgliedsstaaten einleiten will.

Es bestehe die Gefahr, dass beim Breitband-Netzzugang jeglicher Wettbewerb zu Gunsten der Deutschen Telekom unterbunden werde, teilte die EU-Kommission nun zu den Ermittlungen gegen Deutschland. Auch gegen Portugal und Griechenland leitete Brüssel die erste Stufe des Verfahrens wegen mutmaßlicher Verletzung des EU-Vertrages ein. Dieses Vorgehen kann in letzter Konsequenz zu einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) führen. Berlin hat zwei Monate Zeit zur Antwort auf die Vorwürfe.

Die Öffnung der "letzten Meile", also der Teilnehmeranschlussleitungen zum Endkunden, war im vergangenen Jahr von der EU-Kommission endgültig beschlossen worden. Damit soll vor allem das Surfen im Internet billiger werden, da sich die meisten Benutzer über örtliche Nummern ins Netz einwählen. Die Kommission hatte mehrfach deutlich gemacht, sie werde keine Benachteiligung neuer Anbieter hinnehmen. Den Beschluss der EU vom Oktober 2000 kommentierte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschatsministierium, Siegmar Mosdorf, damals, in Deutschland sei die Öffnung der Ortsnetze schon 1998 beschlossen worden; man sei bereits sehr weit gekommen. Deutschland drängte laut EU-Diplomaten zum Zeitpunkt der Beschlussfassung jedoch bei Detailformulierungen darauf, dass neuen Anbietern vom bisherigen Betreiber nicht unter allen Umständen der Zugang zum Telefonkunden gewährt werden müsse.

Zu Deutschland schrieb die Kommission nun, der "etablierte Betreiber" -- gemeint ist die Deutsche Telekom -- habe bereits 1,2 Millionen Kunden für seinen eigenen Zugang zum Hochgeschwindigkeits-Internet. Andererseits werde weder ein so genannter gemeinsamer Zugang (Line Sharing) noch ein Großkundenzugang angeboten. "Es wurde zwar der entbündelte Zugang zu einer bedeutenden Anzahl von Ortsanschlüssen ermöglicht. Die meisten davon werden jedoch nicht für Hochgeschwindigkeitszugänge, sondern für Sprachtelefondienste genutzt", schrieb die Kommission. Die Bedenken werden laut Kommission vom jüngsten Gutachten der deutschen Monopolkommission bestätigt. Danach besitzt die Deutsche Telekom praktisch alle Leitungen für DSL. Damit werde eine neue Monopolstellung geschaffen. Auch die gerade erst abgeschlossene Vereinbarung zwischen QSC und der Telekom über Line Sharing für DSL-Angebote des des Kölner Providers konnte die Kommission offensichtlich nicht vom Gegenteil überzeugen. (jk)