Microsoft sorgt sich um mobile Bequemlichkeit
Bill Gates präsentierte auf der CES zwei neue Technologien. Für Microsoft sind dies aber nur erste Schritte auf dem Weg zum PC "anywhere in the house".
Aus der Sicht von Microsoft-Managern klingt die bisherige Geschichte des Unternehmens wie eine Mission auf dem Weg zum zufriedenen Verbraucher: Als solle sich in den kommenden zehn Jahren alles zusammenfügen, was die letzten zehn Jahre im Hause Microsoft entwickelt wurde. So preist Microsoft-Geschäftsführer Steve Guggenheimer die Neuerscheinungen des Jahres 2001, Windows XP, MSN 7, die Xbox und Pocket PC 2002, als Meilensteine auf dem Weg zu neuen Technologien, die sich besser an die Bedürfnisse des Nutzers anpassen. An diesen arbeitet der Redmonder Riese derzeit in seiner Abteilung eHome.
Eine erste Anschauung hat Bill Gates in seiner Eröffnungsrede auf der Consumer Electronics Show geboten: Mira, Anzeigegeräte, in die Windows CE.NET und Netzwerktechnologie integriert sind, und Freestyle, eine Kombination aus Fernbedienung, Empfänger und Oberfläche. Beide Technologien sollen den Verbraucher vom PC entfesseln, "anywhere in the room" Zugriff zum Beispiel auf Audio- und Video-Dateien ermöglichen.
Nach Mike Toutonghi, Vizepräsident der eHome-Abteilung, ist der PC bereits heute in den meisten Heimen das "Zentrum der Produktivät". Er dient der Kommunikation mit Freunden und Verwandten, zur Finanzverwaltung und für Reisen im Internet. Für immer mehr Menschen werde der PC auch zur Vergnügungsmaschine, an der Musik gehört, Videos geschaut und Spiele gespielt werden. Microsofts Forscher jedoch waren fleißig und wollen herausgefunden haben, dass die Verbraucher wesentlich mehr von ihrem PC erwarten als die Erfüllung traditioneller Aufgaben wie Textverarbeitung und Tabellenkalkulation. Hier will eHome ansetzen.
Nach Inspiration für seine Ideen muss Toutonghi nicht lange Ausschau halten. Er wohne mit seiner Familie in zwei Häusern in zwei verschiedenen Städten, sagt er in einem Microsoft-eigenen Interview. Beide Heime möchte er gerne verbinden und automatisieren, sodass er beispielsweise die Türklingel des einen Hauses hören kann, während er sich in der anderen Stadt befindet. Auch solle seine Familie einfacher Musik und Filme genießen können. Bisher sei der Umgang mit Unterhaltungsmedien zu komplex und bedürfe der Vereinfachung.
Das Rezept lautet also: Alle Technik ĂĽberall verfĂĽgbar zu machen und unter einen Hut zu bringen, und zwar mit Hilfe von Windows XP. Bedarf sei da, meint Mike Toutonghi. Immerhin gebe es in den USA fĂĽnf Millionen vernetzte Haushalte und es werde mehr geben, da Windows XP den Anwendern die Vernetzung erleichtere. Sie wollten Familienvideos in einer entspannteren Situation und in einem sozial angenehmeren Umfeld als vor dem Fernseher schauen, ermittelten die Microsoft-Forscher.
Außer durch Visionen und Forschungsergebnisse werden die Microsoft-Entwickler durch handfeste Zahlen beflügelt: Im Weihnachtsgeschäft verkaufte sich die Xbox 1,5 Millionen Mal, MSN-Mitglieder haben 5,6 Milliarden US-Dollar umgesetzt, 56 Prozent mehr als im Jahr 2000, und Windows XP wurde seit dem Start vor rund zwei Monaten laut Microsoft 17 Millionen Mal verkauft. Für Steve Guggenheimer sind die Zahlen ein Beleg dafür, dass Microsofts Produkte die Verbraucher sehr ansprechen.
Microsoft kann seine ehrgeizigen Pläne vom "anywhere in the room" bis "anywhere in the house" und darüber hinaus natürlich nicht allein verwirklichen, meint Steve Guggenheimer. Die Freestyle-Soft- und Hardware entwickelt sein Konzern unter anderem zusammen mit Hewlett-Packard, NEC und Samsung. Bei Mira arbeitet Microsoft mit Intel, National Semiconductor, ViewSonic und Wyse Technology zusammen. Auch Guggenheimer ist davon überzeugt, dass es einen großen Bedarf für mobile Multimediatechnologien gibt. Er glaubt, dass die Verwendung von Software als Ersatz für die traditionellen Medien wie Bücher und Zeitungen erst an ihrem Anfang steht. (anw)