Sihler: Telekom in ernster Lage

Die Deutsche Telekom steckt nach Ansicht ihres Vorstandschefs Helmut Sihler in einer ernsten Situation und muss ihre Auslandsengagements ĂĽberdenken.

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  • JĂĽrgen Kuri

Die Deutsche Telekom steckt nach Ansicht ihres Vorstandschefs Helmut Sihler in einer ernsten Situation und muss ihre Auslandsengagements überdenken. In einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom heutigen Freitag machte der neue Vorstandsvorsitzende des Telekommunikations-Konzerns deutlich, dass die Führungsspitze einen Teilrückzug aus dem Auslandsgeschäft erwäge. Es sei schwierig, alle vier Sparten Mobilfunk, Systemgeschäft, Internet und Festnetz zu internationalisieren. Bislang war man immer davon ausgegangen, dass Sihler als reiner Übergangskandidat von Ron Sommer zu einem noch zu bestimmenden neuen Vorstandsvorsitzenden die Strategie des ehemaligen Telekom-Chefs erst einmal weiterführen würde. Nun scheinen aber schon in der Übergangszeit tiefgreifende Änderungen in der bisherigen Vorgehensweise der Telekom möglich.

Konkrete Angaben darüber, welche Geschäftsfelder zur Disposition stehen, machte Sihler allerdings nicht. Er wies darauf hin, dass die Telekom im Systemgeschäft auf jeden Fall im Ausland breit aufgestellt sein müsse und die Internationalisierung im Mobilfunk weit fortgeschritten sei. Überdenken werde der Vorstand die Lage bei der US-Mobilfunktochter VoiceStream, die nur die Nummer sechs auf dem Markt ist. "Wir denken darüber nach, wie wir unsere Marktposition verbessern können", betonte Sihler. Mit der Position 6 könne sich die Telekom jedenfalls nicht zufrieden geben. In der Vergangenheit gab es schon mehrere Berichte, dass eine Zusammenlegung von VoiceStream mit einem der Konkurrenten unter den US-Mobilfunkbetreibern möglich sei; im Gespräch waren bereits AT&T Wireless und Cingular Wireless. In beiden Fällen würde die Telekom allerdings nicht die Mehrheit an der neu gebildeten Gesellschaft inne haben.

Der 72-jährige Manager Helmut Sihler war Mitte Juli nach dem Rücktritt von Ron Sommer überraschend für eine Zeit von sechs Monaten zum Interims-Chef der Telekom ernannt worden. Zu seinem Amtsantritt hatte er neben der Suche nach einem Nachfolger an der Konzernspitze den Abbau den Schuldenbergs von 65 Milliarden Euro sowie Kosteneinsparungen und Effizienzverbesserungen als seine wichtigsten Aufgaben bezeichnet. Sihler bekräftigte gegenüber der FAZ, dass die Schulden des Konzerns bis Ende 2003 auf 50 Milliarden Euro zurückgeführt werden sollten. Ende November sollten erste Ergebnisse der strategischen Überlegungen bekannt gegeben werden, sagte Sihler weiter. Das könnte zeitlich mit der Klärung der Nachfolgefrage für den Vorstandsvorsitz zusammenfallen.

Bislang sei noch kein Kandidat für den Chefposten bei der Telekom angesprochen worden. Erst werde die gesamte Aufgabe genau definiert. Sihler: "Danach wollen wir dem Präsidium des Aufsichtsrats zwei oder drei Kandidaten präsentieren." Der neue Chef müsse kein Spezialist für die gesamte Telekommunikation sein und könne auch aus dem Ausland kommen. Möglich sei aber auch eine interne Lösung. In den vergangenen Wochen wurde unter anderem spekuliert, dass Ex-Bertelsmann-Chef Thomas Middelhoff den Posten von Sommer übernehmen könnte. Der frühere Mannesmann-Chef Klaus Esser hat nach eigenen Angaben kein Interesse an dem Posten. (jk)