Microsoft ist scharf auf Navision

Der PC-Software-Marktführer Microsoft hat ein Auge auf Dänemarks IT-Wunderkind Navision geworfen.

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Von
  • Hans-Peter Schüler

Der PC-Software-Marktführer Microsoft hat ein Auge auf Dänemarks IT-Wunderkind Navision geworfen. Während sich auf der dänischen Homepage des aufstrebenden Anbieters von Unternehmenssoftware nur die Ankündigung einer strategischen Veränderung findet, avisiert die Financial Times, Microsoft würde mit einem Investment von 1,2 Milliarden US-Dollar eine Konsolidierung am europäischen Software-Markt einläuten und das dänische Softwarehaus übernehmen. Demnach wurden die diesbezüglichen Gespräche vor einigen Wochen unterbrochen, um die Feinheiten des Deals erst einmal intern bei den Verhandlungspartnern abzuklären, aber ab nächster Woche rechnet die Zeitung mit einer öffentlichen Erklärung.

Aus Microsofts Blickwinkel erscheint die Übernahme äußerst plausibel. Erst Ende 2000 hatte der Konzern das US-Softwarehaus Great Plains für 1,1 Milliarden US-Dollar aufgekauft, welches sich in den USA einen Namen mit der Unternehmenssoftware Apertum gemacht hatte. Auch Microsofts aktuelle Werbekampagne macht kein Hehl aus den Redmonder Ambitionen auf den Unternehmens-Markt.

Navision gibt auf der anderen Seite ganz und gar nicht den Eindruck eines Übernahmekandidaten ab. Der Zusammenschluss mit dem dänischen Erzkonkurrenten Damgaard im November 2000 fügte sich nahtlos in die Unternehmensentwicklung ein, die seit 1996 etwa alle zwei Jahre einen verdoppelten Umsatz ausweist. Im vergangenen Halbjahr haben die Dänen etwa 850 Millionen Kronen umgesetzt, also rund 135 Millionen Euro.

Zwar hat sich Navision noch im November als weltweit erster unabhängiger Software-Anbieter in der Rolle eines "Microsoft Global Gold Partner" akkreditieren lassen, doch just zur CeBIT 2002 gab das Unternehmen auch eine Kooperation mit IBM bekannt, um die eigene Software einfacher mit Big Blues eServer-Systemen zu bündeln und die Basis eigener Vertriebs- und Beratungspartner zu erweitern. Im Kontext solcher Aktivitäten kommt die Landung in Microsofts Schoß doch etwas überraschend. Überrascht reagierte auch die Börse auf die Nachricht; der Aktienkurs für Navision sprang heute um satte 23 Prozent auf einen Wert von rund 36 Euro. Legt man diesen Wert zugrunde, verfügt Navision über eine Marktkapitalisierung von etwa 1,33 Milliarden Euro -- das entspricht genau dem mutmaßlichen Übernahmepreis.

Vorsorglich haben die Dänen ihr Unternehmen schon einmal auf die Beobachtungsliste der Kopenhagener Börse gesetzt und damit signalisiert, dass Anteilseigner bald mit bedeutenden Neuigkeiten zu rechnen haben. Konkretere Nachrichten sind jedoch auch von dieser Seite zurzeit nicht erhältlich. Immerhin werden sich Firmenkunden beruhigt daran erinnern, dass Navision die Produktlinien Axapta und Attain gerade erst zur CeBIT 2002 für unsterblich erklärt hat, einen Umschwung in der Produktpolitik also ausdrücklich ausschließt. (hps)