Microsoft: Windows ist sicherer und besser als Linux

Microsoft-Manager Kurt Sibold betreibt in letzter Minute vor der Entscheidung um die neue IT-Landschaft des Bundestags Lobbying.

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Obwohl die heiß umkämpfte Entscheidung über die neue IT-Landschaft des Bundestags bereits weit gehend gefallen ist, versucht Microsoft in letzter Minute noch einmal die Parlamentarier für Windows-Produkte einzunehmen. In einem am gestrigen Mittwoch an Mitglieder der Kommission des Bundestags für Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK) versandten Brief, der heise online vorliegt, rührt Kurt Sibold noch einmal kräftig die Werbetrommel. Dem Chef von Microsoft Deutschland zufolge sind Microsoft-Systeme demnach sicherer als Open-Source-Alternativen, leichter administrierbar und keineswegs für die Verwaltung unerschwinglich.

"Die aktuellen Microsoft-Betriebssysteme", schreibt Sibold, "bieten eine Reihe von Sicherheits-Funktionen, die weit über das hinausgehen was derzeitige Open Source-Systeme zur Verfügung stellen." Als Beispiele nennt der Microsoft-Manager unter anderem das "durchgehende zentralisierte Sicherheitsmanagement", das "Unterbinden der Ausführung von Schadprogrammen" wie Viren auf den Arbeitsplätzen sowie die Unterstützung des Einsatzes von SmartCards und kompletten Verschlüsselungslösungen ohne Zusatzaufwand.

Bei einer Umstellung auf Linux handeln sich die Abgeordneten dem Schreiben zufolge ferner zahlreiche Unwägbarkeiten ein. "Wie sich der Markt der Open Source-Systeme weiterentwickelt ist nicht absehbar", warnt Sibold. Das beträfe auch die Kostenseite. So sei es durchaus möglich, dass neben StarOffice weitere Open-Source-Software mit kostenpflichtigen Lizenzmodellen versehen würden. Ähnlich wie im Unix-Markt könnten zudem herstellerabhängige Linux-Derivate entstehen und die vom Deutschen Bundestag gewählte Linux-Distribution zu diesen gehören.

Besonders schmackhaft versucht Microsoft der IuK-Kommission den Einsatz des Verzeichnisdienstes Active Directory zu machen, über dessen Verwendung die Abgeordneten noch streiten. Das Serverprogramm basiert laut Sibold auf offenen Standards wie Kerberos und LDAP und sei daher grundsätzlich kompatibel mit Alternativen wie OpenLDAP aus der Linux-Welt. Der Microsoft-Chef bietet sogar an, "für den Fall der Einführung von Active Directory in der Bundestagsverwaltung eine spätere Ablösung durch einen anderen LDAP-Verzeichnisdienst zu unterstützen".

Im Bundestag wird dem Beeinflussungsversuch in der letzten Minute allerdings kaum noch Bedeutung zugemessen. "Wir haben gelernt, mit solchen Lobbyingmaßnahmen umzugehen", erklärte Steffi Lemke, Mitglied der IuK-Kommmission des Ältestenrats für die Bündnisgrünen, gegenüber heise online. Stärker pikiert hat die Abgeordnete, dass Microsoft "kurz vor der wichtigen Entscheidung" vergangenen Mittwoch noch zu einem parlamentarischen Abend mit Gala-Dinner geladen hatte.

Für den Beauftragten für Neue Medien der SPD-Fraktion, Jörg Tauss, ist der Brief erneut ein Baustein in der von ihm bereits in einem offenen Brief kritisierten "massiven Einflussnahme" Microsofts auf den parlamentarischen Prozess. Mit seinen teilweise irreführenden Argumenten habe Sibold einen letzten "Sirenengesang" angestimmt. Besser wäre es allerdings, so der Netzpolitiker, wenn Microsoft endlich mehr Offenheit im Sicherheitsbereich an den Tag legen und auf Berichte über Softwarefehler rascher reagieren würde. (Stefan Krempl) / (anw)