Starlink & Co.: Satelliten hellen Nachthimmel weltweit schon um 10 Prozent auf

Um Lichtverschmutzung zu entgehen, bauen Astronomen ihre Teleskope weitab der Zivilisation. Das könnte bereits jetzt nicht mehr ausreichen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 129 Kommentare lesen

Starlink-Satelliten von der ISS aus gesehen

(Bild: NASA)

Lesezeit: 3 Min.

Künstliche Satelliten streuen Licht in ihrer Gesamtheit bereits so stark, dass der Nachthimmel überall auf der Erde etwa 10 Prozent heller ist als ohne diese künstliche Aufhellung. Das haben vier Forscher herausgefunden und sind über das Ergebnis selbst überrascht. Denn diese 10 Prozent Aufhellung waren vor 40 Jahren als jene Grenze für Lichtverschmutzung festgelegt worden, die an Standorten von astronomischen Instrumenten nicht überschritten werden sollte. ^

Der neuen Analyse zufolge gibt es bereits jetzt keinen Standort auf der Erde mehr, an dem diese Voraussetzung erfüllt wird. Mit dem begonnenen Aufbau gigantischer Satellitenkonstellationen wie Starlink von SpaceX wird die Situation nur noch schlechter.

Wie die Wissenschaftler um Miroslav Kocifaj von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften im Fachmagazin Monthly Notices of the Royal Astronomical Society Letters darlegen, haben sie für ihre Analyse einen neuen Ansatz gewählt. Bislang ging es bei der Untersuchung der Auswirkungen von Starlink & Co. vor allem um die direkten Auswirkungen, etwa wenn die wachsende Zahl von Satelliten immer öfter mit hellen Lichtspuren astronomische Aufnahmen unbrauchbar machen. Kocifaj und seine Kollegen wollten stattdessen herausfinden, in welchem Umfang auch nicht individuell sichtbare Objekte im Erdorbit Streulicht reflektieren und zur Gesamthelligkeit am Nachthimmel beitragen. Eigentlich hatten sie einen marginalen Effekt erwartet, versichert der Physiker.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externes Video (Kaltura Inc.) geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen (Kaltura Inc.) übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Modelliert haben die Forscher demnach die bekannte Verteilung von Größen und die Helligkeiten von künstlichen Objekten im Erdorbit. Dazu gehören nicht nur funktionsfähige Satelliten, sondern auch ausrangierte Objekte, alte Raketenstufen und verschiedenster Weltraumschrott. Schon vorläufige Ergebnisse hätten ergeben, dass sie zusammen dafür sorgen, dass der Nachthimmel überall auf der Welt um etwa 10 Prozent aufgehellt wird. Damit bliebe kein Standort, der den Empfehlungen der IAU bezüglich der maximalen Lichtverschmutzung genügen würde. Das bezeichnen sie als sehr überraschend, weswegen sie die Daten schnell haben veröffentlichen wollen. Unterstützt wurden sie bei ihrer Arbeit von der International Dark-Sky Association (IDA), die gegen Lichtverschmutzung vorgeht.

Gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Science bezeichnete auch der nicht an der Arbeit beteiligte Astronom Pat Seitzer das Ausmaß als überraschend. Er erwarte nun eine unabhängige Bestätigung der Ergebnisse. Mireia Montes vom Space Telescope Science Institute weist dort darauf hin, dass eine gleichmäßige Aufhellung für die Astronomie kein großes Problem wäre. Dann müsste man lediglich länger belichten, was die Forschung teurer machen würde. Richtig schwierig wäre es erst bei einem variablen Leuchten. John Barentine von der IDA, der an der Studie beteiligt war, weist derweil darauf hin, dass der Verlust des unberührten Nachthimmels nicht nur Astronomen berühren würde. Ihre Analyse könnte nun eine Debatte darüber anstoßen.

Hintergrund der Arbeit ist einmal mehr der rasche Ausbau des Satellitennetzwerks Starlink mit dem SpaceX Internetzugang an bislang nicht erreichte Orte bringen will. Andere Konstellationen sollen folgen. Bereits jetzt kreisen fast 1400 Starlink-Satelliten im Orbit und ihre Zahl steigt rasch. Astronomen warnen bereits seit längerem, dass die große Zahl an künstlichen Objekten am Himmel ihre Arbeit teilweise extrem einschränken könnte. Dabei geht es nicht nur um die Forschung im optischen Spektrum, auch Radioastronomen fürchten um ihre Beobachtungen. Zwar hat SpaceX Veränderungen an seinen Satelliten vorgenommen, um diese dunkler zu machen, aber auch das hilft nur begrenzt, auch gegen die nun analysierte Streuung.

(mho)