Bundesrechnungshof: Sichere und bezahlbare Stromversorgung in Gefahr​

Wirtschaftsminister Peter Altmaier muss sich herbe Kritik wegen seines Managements der Energiewende gefallen lassen. Hohe Strompreise gefährdeten das Projekt.​

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Peter Altmaier

(Bild: dpa, Kay Nietfeld/dpa)

Lesezeit: 3 Min.

Der Bundesrechnungshof rügt den Bundesminister für Wirtschaft und Energie, Peter Altmaier, da der CDU-Politiker "die Energiewende im Hinblick auf die gesetzlichen Ziele einer sicheren und preisgünstigen Versorgung mit Elektrizität weiterhin unzureichend" steuere. Das von Altmaier geführte Ressort müsse die Sicherheit der Stromversorgung besser überprüfen und "dringend Szenarien untersuchen, die aktuelle Entwicklungen und bestehende Risiken zuverlässig abbilden".

Generell obliege es dem Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), die Auswirkungen der Energiewende auf die Unternehmen und die Gesellschaft anhand von Indikatoren und Schwellenwerten zu messen, schreibt der Rechnungshof in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht an den Bundestag. Die Kontrolle des Ministeriums sei aber lückenhaft: Aspekte zur Versorgungszuverlässigkeit und Systemsicherheit wie Netzausbau und Speicher, die Wartung und Stabilität von Netzen sowie Versorgungsausfälle decke es "nicht oder nur unzureichend" ab.

Das BMWi müsse "auch Szenarien untersuchen, die aktuelle Entwicklungen und bestehende Risiken zuverlässig und realistisch erfassen und abbilden", mahnen die Prüfer. So habe die Bundesregierung den geplanten Kohleausstieg bislang nicht richtig berücksichtigt. Das hinterlasse eine Kapazitätslücke von bis zu 4,5 Gigawatt, was der Leistung von vier großen konventionellen Kraftwerken entspreche. Zugleich verursachten die neuen Pläne zur Wasserstoffgewinnung einen erheblichen Strommehrbedarf, der gedeckt werden müsse.

Ferner hätten "der stockende Netzausbau und eingeschränkte grenzüberschreitende Austauschkapazitäten Einfluss auf eine sichere Versorgung", gibt der Rechnungshof zu bedenken. Das BMWi müsse für seine Berechnungen zudem Jahre mit extremem Klima berücksichtigen, in denen Wind und Sonne erheblich weniger Strom erzeugten. Insgesamt habe das Ministerium trotz dieser Unabwägbarkeiten kein "Worst-Case-Szenario" untersucht. Ein solcher Stresstest, in dem mehrere Risikofaktoren zusammentreffen, sei aber unabdingbar für eine belastbare Analyse.

Bislang habe das BMWi auch nicht einmal erklärt, was es unter einer preisgünstigen und effizienten Versorgung mit Elektrizität verstehe, kritisieren die Rechnungsprüfer. Mit dem derzeitigen System der staatlich geregelten Preisbestandteile werden die ohnehin hohen Strompreise weiter ansteigen. Dies überfordere viele private Endverbraucher finanziell, mindere die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und lasse die Akzeptanz für das an sich notwendige "Generationenprojekt" der Energiewende schwinden.

Zahlreiche Faktoren beeinflussten die Entwicklung der Strompreise, heißt es in dem Bericht. Dazu gehörten etwa die Nachfrage nach Strom, der weitere Ausbau erneuerbarer Energien, der Ausbau von Leitungen und der neue CO2‑Preis. Die staatlich geregelten Bestandteile mit Umlagen, Steuern und Netzentgelten machten bereits 75 Prozent der Strompreise aus. Daher müssten private Haushalte sowie kleine und mittlere Unternehmen in Deutschland europaweit hier am meisten zahlen und dieser Trend werde sich weiter verstärken.

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Der Rechnungshof appelliert daher an Altmaier, eine umfassende Preisreform voranzutreiben, um die Endverbraucher künftig zumutbar finanziell zu belasten. "Seit unserer letzten Bilanz in 2018 hat sich zu wenig getan, um die Energiewende erfolgreich zu gestalten. Das ist ernüchternd", meint der Präsident der Prüfbehörde, Kay Scheller.

Vor zweieinhalb Jahren hatten die Kontrolleure bereits erstmals eine stärkere Koordination bei der Energiewende gefordert. Für hilfreicher als eine Vielzahl komplizierter Gesetze und Verordnungen hielten sie damals einen klaren Rechtsrahmen und ökonomische Anreize zu umweltverträglichem Verhalten. Das BMWi vertrat dagegen etwa die Auffassung, Bezahlbarkeit könne nicht mit einem einzigen Indikator und Zielwert abgebildet werden. Es hält die Gegenüberstellung von Ausfallarbeit und Speichermöglichkeiten für irreführend.

(vbr)