Corona-Notbremse: Bundesweite Homeoffice-Pflicht für Beschäftigte kommt

Beschäftigte müssen künftig im Homeoffice arbeiten, wenn ihnen dies möglich ist. Dies hat der Bundestag mit der Reform des Infektionsschutzgesetzes beschlossen.

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(Bild: epixproductions/Shutterstock.com)

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Der Bundestag will die dritte Welle der Corona-Pandemie auch mit einer Verlagerung von mehr beruflichen Tätigkeiten ins Homeoffice bekämpfen. Die als "Corona-Notbremse" bekannte erneute Novelle des Infektionsschutzgesetzes, die das Parlament am Mittwoch unter Protesten von Demonstranten und der Opposition verabschiedet hat, sieht dazu erstmals eine doppelte Pflicht vor.

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"Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten", diese "in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen", heißt es in den Änderungen der großen Koalition an ihrem Entwurf eines "Vierten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite". Abweichungen sollen gegenüber den Behörden gegebenenfalls dargelegt werden. Die Mitarbeiter wiederum müssen dieses Angebot annehmen, solange ihrerseits kein gravierender Grund dagegenspricht.

Bisher waren Arbeitgeber nur gehalten, das Arbeiten im Homeoffice anzubieten, wo das möglich ist. Den Beschäftigten stand es aber frei, ob sie diese Offerte akzeptieren oder lieber ins Büro gehen wollten. Die in den Erläuterungen aufgeführten Ausnahmen sind aber weit gefasst. So könnten Arbeitnehmer, die nicht von zuhause aus werkeln wollen, etwa auf "räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder unzureichende technische Ausstattung" verweisen. Kontrollbesuche dürften sich schwierig gestalten.

Das Land Berlin schlug Ende März bereits einen ähnlichen Kurs mit anderem Schwerpunkt ein. Gewerbliche und öffentliche Arbeitgeber müssen dort seit Kurzem grundsätzlich dafür Sorge tragen, dass mindestens 50 Prozent ihrer Bürojobs vom Homeoffice aus erledigt werden können. Dies schreibt die überarbeitete Verordnung für Infektionsschutzmaßnahmen der Hauptstadt vor. Demnach darf nur noch maximal die Hälfte der eingerichteten Büroarbeitsplätze in Firmen oder in der öffentlichen Verwaltung zeitgleich genutzt werden. Obwohl es auch hier Ausnahmen gibt, hagelte es Kritik aus der Wirtschaft an der ausgeweiteten Telearbeit.

Die einheitliche Bundesvorschrift begrüßte der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffman, nun prinzipiell: "Dass Beschäftigte dieses Angebot grundsätzlich ernstnehmen müssen, ist in der jetzigen Situation richtig und wichtig", sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es dürfe aber niemand gezwungen werden, in den eigenen vier Wänden zu arbeiten. Wer dies nicht könne, sollte dafür keinen aufwändigen Nachweis erbringen müssen. Zudem dürften "keine Sanktionen drohen, wenn die Gründe von den Beschäftigten nicht genannt werden".

Dies scheint der Fall zu sein, schreibt die Zeitung, da der Bußgeldparagraf des ergänzten Infektionsschutzgesetzes nur um mögliche Verstöße gegen andere neue Regeln wie die Ausgangssperren erweitert worden sei. Dies könnte der Eile des Verfahrens geschuldet sein.

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Die Regeln zum Homeoffice waren bisher in der Sars-Cov-2-Arbeitsschutzverordnung enthalten. Darin waren entsprechende Verstöße noch mit Bußgeldern bis 30.000 Euro bewehrt. Mit der parallel überarbeiteten Schutzverordnung werden Arbeitgeber derweil verpflichtet, in ihren Betrieben allen Mitarbeitern, die nicht ausschließlich im Homeoffice arbeiten, mindestens zweimal pro Woche Selbst- oder Schnelltests anzubieten.

Der Bundesrat hat am Donnerstag in einer Sondersitzung nach einer mehrstündigen Debatte den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag nicht angerufen und so keinen Einspruch gegen die Corona-Notbremse eingelegt, sodass die Vorgaben am Tag nach der Gesetzesverkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten können. Damit gelten zwischen 22 Uhr und fünf Uhr des Folgetages auch Ausgangsbeschränkungen, wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei aufeinander folgenden Tagen die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen den Schwellenwert von 100 überschreitet.

Aufenthalte außerhalb des Wohnraums bleiben gestattet, wenn diese etwa zur Berufsausübung, zur medialen Berichterstattung oder zum Gassi gehen erfolgen. Der Bundestag beschloss ferner eine Ausnahme für abendliche Spaziergänger oder Jogger zwischen 22 und 24 Uhr, wenn sie allein unterwegs sind. Schulen und ähnliche Einrichtungen müssen ab einem Inzidenzwert von 165 den Präsenzunterricht einstellen.

(mho)