Sustainability im Software Engineering: Warum auf erneuerbare Energien warten?

Der Klimawandel ist real, und jeder muss einen Beitrag dazu leisten, ihn zu stoppen – auch und vielleicht sogar gerade Softwareentwickler. Aber wie?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 20 Kommentare lesen

(Bild: Halfpoint/Shutterstock.com)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Martin Lippert
Inhaltsverzeichnis

Das Erzeugen von Energie verursacht den Großteil der weltweiten CO2-Emissionen (ca. 74 %). Wer sich also mit dem Kampf gegen den Klimawandel beschäftigt, kommt um das Thema Energieerzeugung und -verbrauch nicht herum. Erneuerbare Energien sind offensichtlich der Schlüssel. Sobald wir Energie zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen erzeugen, haben wir ein wichtiges Ziel erreicht, um die globalen CO2-Emissionen drastisch zu reduzieren. Das allein wird zwar nicht reichen, den Klimawandel aufzuhalten, aber einen erheblichen Beitrag dazu leisten.

Sustainability im Software Engineering – die Kolumne

Durch ihre Aufgaben haben Softwareentwickler ungeahnte Möglichkeiten, die Zukunft zu gestalten. Vielmehr noch es liegt auch in ihrer Verantwortung, für ein besseres Morgen zu sorgen. Eine neue Kolumne auf heise Developer von Martin Lippert.

2019 wurde beispielsweise der Strom in den USA zu knapp 18 Prozent aus erneuerbaren Quellen erzeugt, in Deutschland waren es im gleichen Jahr circa 40 Prozent. Der Anteil steigt zwar stetig, es wird aber voraussichtlich noch viele Jahre dauern, bis wir Strom komplett aus erneuerbaren Energien liefern können. Hinzu kommt, dass gleichzeitig der Stromverbrauch steigt. Bezogen auf Software und deren Betrieb in Rechenzentren sind sich die Studien zum Thema nicht unbedingt einig. Unstrittig ist aber das stetige und teilweise sprunghafte Wachstum an Kapazitäten, die durch Rechenzentren (vor allem der Public Cloud) zur Verfügung gestellt werden (müssen).

Die gute Nachricht ist: Gerade die Cloud-Rechenzentren brauchen – relativ betrachtet – zunehmend weniger Strom, um Software in der Cloud laufen zu lassen. Außerdem werden viele Rechenzentren mit erneuerbaren Energien versorgt und erzeugen die benötigte Energie teilweise sogar selbst und vor Ort. Es gibt also aus Sicht der CO2-Emissionen kaum eine bessere Möglichkeit, als die Software in der Public Cloud zu betreiben.

Viele Betreiber erzeugen selbst – vor Ort oder in einer anderen geografischen Lage – erneuerbare Energien, die mehr oder weniger dem Energiebedarf des Rechenzentrums entsprechen. Diese Anstrengung ist erst einmal großartig und leistet einen wichtigen Beitrag dazu, die Gesamtmenge an erneuerbaren Energien zu erhöhen.

Es klingt zunächst verlockend, die Rechenzentren isoliert zu betrachten, vielleicht nach dem Motto: "Das Rechenzentrum wird zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt, deshalb ist alles paletti." Das greift allerdings zu kurz. Einerseits können viele Rechenzentren ihren eigenen Strombedarf nicht rund um die Uhr mit selbst erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen decken (Beispiel Photovoltaik). Einige Rechenzentren werden deshalb an geografisch günstigen Orten errichtet, die guten Zugang zu beispielsweise Wind- oder Hydro-Energie haben.

Solange sich der gesamte globale oder regionale Strombedarf noch nicht zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken lässt, ließe sich die erneuerbare Energie auch ins Netz einspeisen, für andere verfügbar machen (was teilweise schon passiert) und könnte so den Anteil an erneuerbaren Energien erhöhen. Daraus ergibt sich: Je weniger Energie das Rechenzentrum selbst verbraucht, desto mehr erneuerbare Energie steht für andere Zwecke zur Verfügung. Ein geringerer Stromverbrauch wirkt sich also – auch bei Rechenzentren, die komplett mit erneuerbaren Energien versorgt werden – positiv aus.

Neben diversen Techniken zum energieeffizienten Betrieb von Rechenzentren können wir uns mit der Frage beschäftigen, wie die Software, die im Rechenzentrum läuft, einen Beitrag leisten kann, um den Bedarf an Energie möglichst gering zu halten.