Vorruhestand: Teilzeitrentner ab 55

In der Altersteilzeit wird die Arbeitszeit reduziert, das Gehalt und die Rentenbeiträge vom Arbeitgeber aufgestockt. Ein lukrativer Weg in die Rente.

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(Bild: shurkin_son/Shutterstock.com)

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Von
  • Peter Ilg
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Vergangene Woche haben wir in unserem Beitrag zum Vorruhestand darüber berichtet, wie man mit 63 Jahren in Rente gehen kann. Das sind immerhin vier Jahre vor dem eigentlichen Renteneintritt. Die Resonanz auf den Artikel war groß, die Kommentare interessant. Vorzeitig in Rente gehen scheint für viele ein wichtiges Thema zu sein. Heute berichten wir darüber, wie man noch früher als mit 63 Jahren Rentner werden kann.

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Das geht ab 55 in Teilzeit aber nur, wenn der Arbeitgeber mitmacht. In diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann Altersteilzeit eine willkommene Option für Arbeitgeber sein, um Personal abzubauen. Ältere und teure Ingenieure und Informatiker, die künftig nicht mehr gebraucht werden zum Beispiel. Arbeitnehmer, die ohnehin früher aufhören wollen, können davon profitieren und das nicht abrupt, sondern gleitend. Altersteilzeit ergibt für Beschäftigte nicht nur finanziell, sondern auch persönlich Sinn, weil der Übergang vom Berufsleben ins Rentnerdasein schonend erfolgt.

Alterszeit bedeutet, dass die Arbeitszeit in den letzten Arbeitsjahren vor der Altersrente mit geringen Einbußen bei der späteren Rente reduziert wird. Das Rentenniveau wird gehalten, weil die Arbeitgeber nicht nur das Gehalt, sondern auch die Beiträge zur Rentenversicherung aufstocken. Geregelt ist das im Altersteilzeitgesetz.

Laut Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund hat sich der Anteil der Altersrentner, die aus der Altersteilzeit in Rente gehen, in den letzten Jahren zwischen 6 und 7 Prozent eingependelt. Im Jahr 2019 sind es in Summe rund 244.000 gewesen. Zehn Jahre davor waren es fast dreimal so viele. Dann hat die Bundesagentur für Arbeit die Förderung der Altersteilzeit ab 2010 eingestellt. Dafür kommen nun manche Arbeitgeber freiwillig auf. Geregelt ist das dann in Branchentarifverträgen wie der IG Metall oder in Betriebsvereinbarungen wie bei SAP.

Das Altersteilzeitgesetz regelt den Kreis der Berechtigten. Die müssen mindestens 55 Jahre alt sein, noch mindestens drei Jahre bis zur regulären Rente haben und innerhalb der letzten fünf Jahre vor Beginn der Altersteilzeit mindestens drei Jahre sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sein. Das heißt: auch Zeiten mit Anspruch auf Arbeitslosengeld I und II zählen zur Dreijahresfrist.

Das Altersteilzeitkonzept ist einfach und wird überwiegend nach dem sogenannten Blockmodell geregelt. Das bedeutet beispielsweise, dass die Beschäftigten für sechs Jahre ihre Arbeitszeit reduzieren. Sie arbeiten dann die ersten drei Jahre voll, dann gar nicht mehr. Die beiden Zeiträume werden Aktiv- und Passivblock genannt.

Der Teilzeitlohn ist für die Beschäftigten in beiden Blöcken gleich hoch. Die Hälfte Arbeitszeit bedeutet in der Altersteilzeit aber nicht das halbe Gehalt. Denn der Arbeitgeber muss das Einkommen um mindestens 20 Prozent aufstocken. Das bedeutet: in der Altersteilzeit wird 50 Prozent der Zeit für 70 Prozent des Gehalts gearbeitet. Bei der Berechnung der Rentenbeiträge werden sogar mindestens 80 Prozent des Gehalts zugrunde gelegt. Bei Arbeitnehmer mit einem Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung ist die Basis für die Berechnung 90 Prozent. Die Beitragsbemessungsgrenze liegt 2021 in den alten Ländern bei 7.100 Euro brutto monatlich, in den neuen Ländern sind es 6.700 Euro.

Aber Achtung: Der Aufstockungsbetrag ist zwar steuer- und sozialabgabenfrei, unterliegt aber dem Progressionsvorbehalt, was zu einer Steuererhöhung führen kann. Außerdem wird die Aufstockung nur bis zu Beitragsgrenze in der Rentenversicherung berechnet. Gutverdienende Ingenieure und Informatiker können so weniger als 20 Prozent Aufstockung bekommen. Analog gilt die Beitragsbemessungsgrenze auch für zusätzliche Rentenbeiträge des Arbeitgebers. Den Aufstockungsbeitrag und die zusätzlichen Beiträge zur Rentenversicherung müssen Arbeitgeber höchstens sechs Jahre lang zahlen.

Ein Beispiel, berechnet von der Deutschen Rentenversicherung Bund: Ein Bruttogehalt von 3000 Euro ergibt während der Altersteilzeit 1500 Euro. Davon tragen Arbeitnehmer und Arbeitgeber jeweils zur Hälfte die Sozialversicherungsbeiträge. Das halbe Gehalt muss der Arbeitgeber um mindestens 20 Prozent, also 300 Euro aufstocken und von 1.200 Euro allein zusätzliche Rentenversicherungsbeiträge bezahlten. 80 Prozent von 1.500 Euro ergeben diese 1.200 Euro. Der Arbeitnehmer wird damit so gestellt, als wären Beiträge für ein Bruttogehalt von 2.700 Euro entrichtet worden. Das wiederum sind 90 Prozent von 3.000 Euro. Die späteren Renteneinbußen sind deshalb nur gering.

SAP hat vor etwa zwei Jahren ein Altersteilzeitprogramm beschlossen, das großzügiger ist, als die gesetzlichen Mindestanforderungen. Je nach Mitarbeitergruppe stockt der Softwarekonzern die Gehälter in der Altersteilzeit um bis 45 Prozent auf. So kommen die Arbeitnehmer auf bis zu 95 Prozent des letzten Gehalts für die Hälfte der Arbeitszeit. An der Altersteilzeit können Mitarbeiter ab einem Lebensalter von 57 Jahren teilnehmen und damit die Geburtsjahrgänge 1964 und früher.

SAP bietet die Arbeitszeit im Blockmodell von mindestens zwei und maximal sechs Jahren an. Die Vorruhestandsregelung bei SAP ist Teil eines Restrukturierungsprogramms, über das nicht mehr benötigtes Personal abgebaut wird.

Der Tarifvertrag der IG Metall bestimmt, dass bis zu vier Prozent der Belegschaft in Altersteilzeit gehen können. Vorrangig haben darauf Beschäftigte mit belastenden Tätigkeiten Anspruch, etwa Schichtarbeiter. Die Altersteilzeit gilt für alle Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen. Eine Tarifbindung liegt vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitgeberverband und der Arbeitnehmer der Gewerkschaft angehört, die den Tarifvertrag abgeschlossen haben.

Generell könnten Arbeitnehmer nach der IG-Metall-Vertrag ab 61 für maximal vier Jahre vor der regulären Altersrente in Altersteilzeit gehen. Die Aufstockungsprozentsätze sind nach den Entgeltgruppen geregelt nach dem Prinzip: je niedriger die Gruppe, umso höher die Zuzahlung. Dadurch sind bis zu 90 Prozent des Vollzeitnettoverdiensts möglich.

(axk)