RoboCup: Positive Bilanz nach erstem Remote-Turnier

Das German Open Replacement Event wird als vielversprechende Veranstaltung gewertet und könnte dem Roboterfußball langfristig mehr Aufmerksamkeit verschaffen.

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(Bild: Shutterstock/DRN Studio)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
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Zugegeben, bei dem Roboterfußballturnier am Wochenende konnte dem Zuschauer das eine oder andere Tor schon mal entgehen. Entweder waren ihm im entscheidenden Moment vor Langeweile gerade die Augen zugefallen, oder es drängelten sich so viele Spieler vorm Tor, dass der Ball nicht mehr zu sehen war und nur der Pfiff des Schiedsrichters signalisierte, dass ein Tor gefallen war. Alles in allem war die Veranstaltung aber ein vielversprechendes Experiment, das dem RoboCup langfristig mehr Aufmerksamkeit verschaffen könnte.

So zieht Patrick Göttsch vom Team HULKs im Gespräch mit heise online denn auch eine positive Bilanz des erstmals veranstalteten German Open Replacement Event (GORE 2021). Es sei darum gegangen allen Teams der Standard Platform League beim RoboCup die Gelegenheit zu geben, ihre Roboter unter Turnierbedingungen in Spielen gegen andere Teams zu testen. Das ist bei dieser Liga insofern einfacher als bei anderen, weil alle Teams mit den Nao-Roboter die gleiche Hardware verwenden.

Jedes Team stellte vier ihrer Roboter zur Verfügung und schickte sie nach Bremen oder Dortmund, wo an den dortigen Universitäten ausreichend Platz war, um komplette Spielfelder aufzubauen. Für die Spiele wurden dann nach dem Zufallsprinzip Roboter ausgewählt und mit der Software der antretenden Teams gefüttert. Das Ganze wurde auf dem RoboCup SPL Channel auf Youtube live übertragen.

Was da zu sehen war, war durchwachsen – wie nicht anders zu erwarten, wenn mehrfache Weltmeister und komplette Neulinge zusammentreffen. So wurde B-Human seiner Favoritenrolle gerecht und zeigte schöne Pässe, sowohl mit ruhendem Ball als auch aus dem Spiel heraus. Trotz schwieriger Lichtverhältnisse mit grellem Sonnenschein und Schatten auf dem Spielfeld fanden die Spieler den Ball zumeist sehr schnell, waren sicher beim Dribbling und trafen das gegnerische Tor auch mit weiten Schüssen.

Anderen Teams dagegen gelang es nicht einmal, den Ball zu kicken, wenn er ruhig im Mittelpunkt des Spielfeldes lag und das Zeichen zum Anstoß gegeben worden war. Die Regeln sehen vor, dass der Ball nach zehn Sekunden freigegeben wird und dann auch vom anderen Team gespielt werden darf. So geschehen im Spiel der R-Zwei-Kickers gegen die Nao Devils.

Die R-Zwei-Kickers begannen, wenn sie Anstoß hatten, regelmäßig erst zehn Sekunden nach dem Anpfiff sich zu bewegen, liefen dann aber nicht unbedingt zum Ball, sondern tapsten ziellos in der Gegend herum, während ein Spieler der Nao Devils sich entschlossen den Ball zweimal vorlegte, kickte – Tor! Nachdem die Nao Devils auf diese Weise bereits 4:0 in Führung gegangen waren, stand beim nächsten Angriff zufällig der Torwart im Weg und musste zur Seite gedrängt werden, das 5:0 dauerte daher etwas länger.

Doch dann wurde es spannend. Als hätten die Spieler gemerkt, dass sie den Zuschauern auch etwas Abwechslung bieten müssen, dribbelte ein Spieler der Nao Devils beim nächsten Mal auf das verlassene, völlig ungeschützte Tor zu. Dichter, immer dichter kam er heran, drehte dann zur Seite, bewegte sich auf den Pfosten zu… und schob den Ball im letzten Moment dann doch noch im äußersten linken Eck über die Torlinie.

In der zweiten Halbzeit zeigten die R-Zwei-Spieler dann mehr Einsatz. Ein Verteidiger lief weg, als ein Angreifer auf ihn zu kam, ein anderer grätschte hinein, grätschte dann wieder zur anderen Seite, dann wieder nach links und schien viel Spaß an dieser tänzerischen Einlage zu haben, während die Nao Devils das 7:0 besiegelten. Danach machten es sich die Nao Devils extra etwas schwerer, indem sie immer zunächst zu den abseits stehenden Verteidigern der R-Zwei-Kickers spielten und dann um sie herum dribbeln mussten.

Nach dem 9:0 dann die Sensation: Ein R-Zwei-Spieler nimmt dem Angreifer den Ball weg! Er dribbelt zur Mitte, dann in weitem Bogen zurück zum eigenen Tor. Der Torwart steht im Weg, es gibt einen Eckstoß für die Nao Devils. Deren weiten Schuss pariert der Keeper zunächst, wird dann aber im Nahkampf überwältigt. Beim Stand von 10:0 wird die Partie abgebrochen, eineinhalb Minuten vor Schluss.

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Zugegeben, ein gewisser Grad an Wohlwollen und Humor schaden nicht, wenn man sich als Zuschauer am Roboterfußball erfreuen möchte. Aber GORE 2021 hat einen Weg aufgezeigt, häufiger Spiele durchzuführen und dadurch das Niveau mittel- bis langfristig zu heben. Und es soll nicht verschwiegen werden, dass den R-Zwei-Kickers im Spiel gegen das Nao Team HTWK dann doch noch ein spektakulärer Anstoß gelungen ist – mit dem Kopf! Böse Zungen behaupten, der Spieler sei gestürzt und hätte dabei zufällig den Ball berührt. Wir aber haben einen Flugkopfball gesehen und freuen uns schon jetzt auf das erste Fallrückziehertor der R-Zwei-Kickers.

(bme)