EU-Kommission: Schadstoffe in Luft, Wasser und Boden sollen auf Null sinken

Mit Aktionsplan zur Schadstofffreiheit will die EU-Kommission die Umweltverschmutzung so verringern, dass sie für Mensch und Natur keine Gefahr mehr darstellt.

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Kraftwerke und Umweltschutz

(Bild: Steve Buissinne, gemeinfrei)

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Die EU-Kommission hat am Mittwoch einen europäischen Aktionsplan zur Schadstofffreiheit von Luft, Wasser und Boden verabschiedet. Sie will damit Vorgaben aus dem Grünen Deal umsetzen, wonach das Null-Schadstoff-Ziel bis 2050 erreicht werden soll. Die neue Initiative beschreibt die Vision einer Welt genauer, in der in 30 Jahren die Verschmutzung so gering ist, dass sie für die menschliche Gesundheit und die natürlichen Ökosysteme keine Gefahr mehr bildet.

Festgelegt hat die Brüsseler Regierungsinstitution konkrete Schritte, um das Ziel zu erreichen. So sollen alle einschlägigen EU-Politikfelder eingebunden werden, um die Umweltverschmutzung zu bekämpfen und zu verhindern. Ein Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz digitaler Lösungen wie Big-Data-Analysen und intelligenten Sensoren, die dazu beitragen könnten, die Schadstoffbelastung zu verringern. Deren Potenzial hat die Kommission in Fallstudien zu intelligenter Mobilität, Präzisionslandwirtschaft, elektronischen Gesundheitsdiensten oder digitaler Wasserbewirtschaftung untersucht und konkrete Vorschläge dazu gemacht.

In der EU sei einer von acht Todesfällen auf Schadstoffe in der Umwelt zurückzuführen, begründet die Kommission die Initiative. 90 Prozent davon seien auf chronische Erkrankungen mit Krebs an oberster Stelle zurückzuführen. Die Zahl der vorzeitigen Todesfälle, die auf Schadstoffe in der Luft zurückzuführen sind, schätze die Umweltagentur auf 400.000 pro Jahr. Die schädlichsten Auswirkungen der Verschmutzung auf die Gesundheit beträfen in der Regel die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen wie Kinder und Menschen mit Vorerkrankungen. Raubbau an der Umwelt sei ferner eine der fünf Hauptursachen für den Verlust an biologischer Vielfalt.

Um die EU auf Kurs zu einem "gesunden Planeten" zu bringen, sieht das Vorhaben "Etappenziele für die Verringerung der Umweltverschmutzung an der Quelle bis 2030" vor, also etwa in den Sektoren Landwirtschaft, Industrie, Energie und Verkehr. Bis dahin soll die Luftqualität so verbessert werden, dass die Zahl der durch einschlägige Schadstoffe verursachten vorzeitigen Todesfälle um 55 Prozent sinkt. Im Bereich Wasser ist die Vorgabe, dass 50 Prozent weniger Kunststoffabfälle ins Meer und 30 Prozent weniger Mikroplastik in die Umwelt gelangen. Beim Boden sollen Nährstoffverluste und der Einsatz chemischer Pestizide um 50 Prozent reduziert werden.

Bei der Zahl der Menschen, die unter einer chronischen Belastung durch Verkehrslärm leiden, liegt das Zwischenziel bei einem Minus von 30 Prozent. Binnen zehn Jahren sollen zudem das Abfallaufkommen insgesamt sowie der Restmüll um 50 Prozent verringert werden.

Bestehende einschlägige EU-Rechtsvorschriften will die Kommission auf möglicherweise verbliebene Lücken abklopfen. Die Umsetzung wird dem Plan nach verbessert. Die Luftqualitätsnormen sollen an die jüngsten Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation angepasst, die Normen für die Wasserqualität etwa von Flüssen und Meeren überprüft werden. Die Schadstoffbelastung im Boden wird verringert, sieht eine weitere Maßnahme vor. Auch ein Großteil des EU-Abfallrechts sowie Regeln zu Produktion und Verbrauch kommen auf den Prüfstand, um die Grundsätze der sauberen Kreislaufwirtschaft in die Vorschriften einzubinden.

Der externe ökologische Fußabdrucks der EU soll durch Beschränkungen der Ausfuhr von Produkten und Abfällen in Drittländer sinken, die schädliche beziehungsweise toxische Auswirkungen haben. Eine "Null-Schadstoff-Plattform" für Interessenträger will die Kommission einrichten und die einschlägigen EU-Wissenszentren vereinheitlichen sowie stärken.

Der Kampf gegen Umweltbelastungen und Treibhausgasemissionen gehe meist Hand in Hand, erklärt die Kommission den Aufhänger über den Green Deal. So trügen etwa die Wärmedämmung von Gebäuden, der Einbau sparsamerer und sauberer Heizsysteme, der Umstieg auf saubere öffentliche Verkehrsmittel sowie mehr Fuß- und Radverkehr allesamt zur Luftreinhaltung und zum Eingrenzen des Klimawandels bei.

Die Kosten und der finanzielle Nutzen einzelner Maßnahmen sollen in den Folgenabschätzungen zu den noch ausstehenden jeweiligen Gesetzesvorschlägen dargelegt werden. Schon klar sei, dass es etwa die Gesundheitsversorgung und die Wirtschaft mehr belaste, "wenn nichts getan wird".

Der für den Grünen Deal zuständige Kommissionsvize Frans Timmermans betonte: "Um die Umwelt für die Menschen und den Planeten schadstofffrei zu machen, müssen wir jetzt handeln." Neue grüne Technologien könnten dabei helfen, die Belastungen zu verringern und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. "Der Vorschlag greift zu kurz", monierte dagegen mit dem European Environmental Bureau (EEB) der größte Zusammenschluss "grüner" zivilgesellschaftlicher Organisationen. Aufgelistet würden hauptsächlich bestehende rechtliche Verpflichtungen und laufende Überprüfungen von EU-Gesetzen. Die Kommission habe die Chance verpasst, die dringend benötigte Schadstofffreiheit vollständig zu verwirklichen.

(fds)