Freie 3D-Software Blender 2.93 mit Langzeit-Support

Blender 2.93 bietet einen Grease-Pencil zum Export technischer Zeichnungen, viele Verbesserungen beim Rendering und eine ganze Reihe neuer Geometry-Nodes.

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Den Splashscreen von Blender 2.93 ziert ein Werk von Erindale Woodford. Alle Objekte auf dem Tisch wurden prozedural über Geometry-Nodes erzeugt.

Stand:
Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Gottfried Hofmann
Inhaltsverzeichnis

Die Blender Foundation hat Version 2.93 Long Term Stable (LTS) der gleichnamigen Open-Source-3D-Software freigegeben. Sie schließt den 2.9er-Release-Zyklus ab und wird für die kommenden beiden Jahre mit Fehlerkorrekturen versehen.

Die Bedienoberfläche zeigte bisher Einzel-Elemente mancher Werkzeuge in der Vergrößerung falsch an. Das haben die Entwickler korrigiert. Das Navigations-Gizmo lässt sich jetzt in der Größe variieren und stellt negative Achsen deutlich dar. Im Outliner zeigt Blender die Schaltflächen für die Sichtbarkeit beim Rendern wieder standardmäßig an.

Unter Windows erscheinen neue Fenster jetzt nicht mehr hinter, sondern vor dem Hauptfenster. Das soll vermeiden, dass man auf Rendern drückt und das Ergebnis nicht sieht, weil sich das neu geöffnete Fenster hinter dem Hauptfenster versteckt.

Ein Beispiel für Verbesserungen an der Oberfläche: links das bisherige Aussehen der Pfeile, die beim Rotieren eines Objekts über Shortcuts erscheinen, rechts die Pfeile in Blender 2.93

Mit den Geometry-Nodes bringt Blender seit Version 2.92 Werkzeuge zum parametrischen Modellieren à la Grasshopper in Rhino 3D mit. Dabei werden Objekte erzeugt oder bearbeitet, indem man ein Netzwerk aus sogenannten Nodes bildet, die jeweils eine Operation ausführen. In Blender 2.93 sind mehr als 20 solcher Nodes hinzugekommen.

Dank der Mesh Primitive-Node kann man jetzt Grundformen wie Kugeln, Zylinder und Würfel direkt in einem Geometry Nodes-Netzwerk erzeugen und später Parameter wie Radius oder Anzahl der Segmente verändern, was die normalen Mesh Primitives nicht erlauben.

Über die „Points to Volume“-Node kann man aus Punkten wie den Vertices eines Objekts ein Volumen erzeugen. Sie kann die „Point Density Node“ in Cycles ergänzen oder ersetzen. Die so erzeugten Volumen lassen sich wie andere Volume-Objekte in Blender weiterbearbeiten oder mit der „Volume to Mesh“-Node in ein Mesh umwandeln. Intern verwendet das Programm dafür die Softwarebibliothek OpenVDB, die schneller arbeitet als Point Density.

Die Geometry-Nodes haben einen eigenen Arbeitsbereich bekommen. Um die vielen Daten, die bei der Arbeit mit Geometry-Nodes anfallen, besser debuggen zu können, wurde ein neuer Editortyp eingeführt. Im Spreadsheet-Editor kann man sich alle Daten, die durch eine Node laufen, anzeigen lassen.

Bei der echtzeitfähigen, OpenGL-basierten Render-Engine Eevee wurden Schärfentiefe und Ambient Occlusion runderneuert. Die Simulation optischer Linsen bei der Schärfentiefe wirkt in Blender 2.93 deutlich realistischer als zuvor.

Ambient Occlusion simuliert die gegenseitige Abschattung von Objekten, die nahe bei einander stehen. Hier haben die Entwickler Probleme mit unerwünschten Artefakten und Streulicht gelöst. Ähnliche Probleme konnten sie beim Subsurface Scattering beheben. Effekte im Screen-Space wie Reflexionen, Refraktion und Schatten berechnet Eevee jetzt schneller und generiert dabei weniger Rauschen.

Volumetrisches Rendering war in Eevee bisher eher als Stiefkind anzusehen, hat nun aber eine Reihe von Verbesserungen erhalten. So unterstützt es Flächenlichtquellen und weiche Schatten; volumetrische Objekte wie Wolken oder Rauch können jetzt korrekt auf sich selbst Schatten werfen.

Subsurface Scattering simuliert, wie Licht in ein Objekteindringt und an anderer Stelle wieder herauskommt. Der Effekt tritt bei organischen Materialien wie Haut auf, beispielsweise wenn die Sonne durchs Ohrläppchen scheint. Cycles berechnet ihn mit der sehr realistischen Random Walk-Methode, die aber anfällig für Bildrauschen ist. Ein neuer Algorithmus soll dieses Rauschen jetzt stark reduzieren.

Beim Rendern mit Cycles entstandenes Bildrauschen lässt sich in Blender nachträglich mit OpenImageDenoise von Intel entfernen. Blender 2.93 implementiert dafür die neue Version 1.3, die feine Details scharf halten und weniger ausgewaschene Ergebnisse liefern soll. Für das Farbmanagement nutzt Blender OpenColorIO 2.0.

Area-Lights haben jetzt einen Abstrahlwinkel, womit sich eine Softbox mit simulieren lässt, die Studiofotografen einsetzen. Mit der neuen Option “Persistent Data” können beim Rendern einer Animation Daten aus vorhergehenden Frames wiederverwendet werden. Dadurch lässt sich die Rendergeschwindigkeit signifikant steigern.

Vergleich des Rauschverhaltens der bisherigen SSS-Implementierung links und der optimierten Methode in Blender 2.93 auf der rechten Seite (Szene von Metin Seven)

Mit dem Grease-Pencil-Modul lassen sich 2D-Zeichnungen erstellen. Diese können jetzt auch aus SVG-Dateien importiert und als SVG- sowie PDF-Datei exportiert werden. Mit dem neuen Line-Art-Modifier kann man solche Skizzen aus den Kanten eines Objekts erstellen, beispielsweise um technische Zeichnungen zu exportieren. Bisher musste dafür der in Blender integrierte Freestyle-Renderer herhalten, den c’t 8/2014 in einem Workshop vorgestellt hat.

Das überarbeitete Füllwerkzeug für Grease-Pencil-Zeichnungen arbeitet nun schneller und stabiler als zuvor und kann ähnliche Flächen über mehrere Frames gleichzeitig füllen. Die Interpolation zwischen zwei Frames haben die Entwickler vom Operator zum Werkzeug befördert.

Mit dem Line-Art-Modifier lassen sich 3D-Objekte als technische Zeichnungen exportieren.

Der Video Sequence Editor (VSE) erledigt einfache Videoschnittaufgaben. Seine Textwerkzeuge unterstützen jetzt fette sowie kursive Schrift und eignen sich zum Erstellen von Abspännen.

Beim Verschieben von Start- und Endframe eines Strips lassen sich diese jetzt in der Vorschau anzeigen. Wenn man Videos mit hoher Auflösung oder bestimmten Codecs in den Sequencer lädt, erzeugt Blender jetzt automatisch Proxys. Das sind Ersatzclips mit niedrigerer Auflösung, die das Programm in der Timeline ruckelfrei anzeigt. Die Einstellungen zum Erzeugen solcher Proxys haben die Entwickler vereinfacht. Insgesamt soll der Videos Sequence Editor schneller arbeiten.

Beim Compositing werden Bilder und Animationen nachbearbeitet. Dabei können treppenartigenAliasingartefakten entstehen, besonders häufig bei Masken aus Objekt- oder Material-IDs. Die Ani-Aliasing-Node soll diesen Artefakten beikommen.

In der oberen Hälfte der Maske zeigen sich starke Aliasing-Artefakte, in der unteren Hälfte sind sie durch die Anti-Aliasing-Node abgeschwächt worden.

Masken aus Cryptomatte benötigen die Anti-Aliasing-Node nicht, denn diese bieten von Haus aus weiche Kanten. Beim vereinfachten Workflow zum Erzeugen solcher Masken müssen nicht mehr diverse Sockets verbunden werden. Man kann das Bild oder die Renderlayer jetzt direkt in der Node auswählen. Wenn man Objekte oder Materialien auswählt, aus denen Masken extrahiert werden sollen, erscheint deren Name unter dem Cursor. Diese Namen werden jetzt auch als IDs verwendet. Bisher musste man sich kryptische Zahlencodes und deren Zuordnung merken.

Blender 2.93 LTS steht ab sofort für Windows, Linux und MacOS zum Download bereit. Die Version wird zwei Jahre mit Fehlerkorrekturen versorgt und eignet sich daher für langfristige Projekte. Als nächstes soll Blender 3.0 mit größeren Änderungen am Unterbau erscheinen. Die Blender Foundation geht derzeit davon aus, dass gut ein halbes Jahr ins Land gehen wird, bis Blender 3.0 erscheint.

(akr)