CCC, Facebook, Google und mehr gemeinsam gegen Staatstrojaner

In einem offenen Brief kritisieren Dutzende Organisationen und Firmen Gesetzespläne der Großen Koalition als Angriff auf Verschlüsselung.

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(Bild: Tero Vesalainen/Shutterstock.com/heise online)

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Der Chaos Computer Club, Facebook, Google und Dutzende weitere appellieren an die Bundesregierung und den Bundestag, die Angriffe auf Verschlüsselung einzustellen und die Cybersicherheit nicht weiter zu gefährden. Damit beziehen sie angesichts der Gesetzespläne Stellung, denen zufolge mehr Geheimdienste bald häufiger den Staatstrojaner einsetzen und selbst hacken dürfen, erklärt der CCC. Während die Hackervereinigung explizit auch daran scharfe Kritik übt, ist der offene Brief etwas allgemeiner gehalten und fordert eine Stärkung verschlüsselter Kommunikation und Nacharbeiten am Gesetz zur "Anpassung des Verfassungsschutzrechts".

Zu den Unterzeichnern des nun veröffentlichen offenen Briefs gehören unter anderem noch der Verband der Internetwirtschaft eco, der Bundesverband IT-Mittelstand, der Bundesverband IT-Sicherheit, der VATM sowie die Unternehmen Mailbox.org, Tutatanota, Boxcryptor und Mega von Kim Dotcom. Sie sind demnach "besorgt über die massive Ausweitung der Quellen- Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ)" und insbesondere eine Regelung in der geplanten Reform des "Artikel 10-Gesetzes". Damit könnten Anbieter von Kommunikationsdiensten gezwungen werden, die Sicherheit ihrer eigenen Dienste einzuschränken, um Nachrichtendiensten bei der Spionage zu helfen, kritisieren sie.

Die Unterzeichner fordern den Gesetzgeber und die Regierung deshalb auf, nicht mehr zur Schwächung oder zum Bruch von Verschlüsselung beizutragen und insbesondere die Mitwirkungspflicht für Unternehmen bei der Spionage fallen zu lassen. Die dürften nicht zum "verlängerten Arm der Nachrichtendienste" gemacht werden. Die gesetzlichen Anpassungen sollten nicht in Eile durch den Bundestag getrieben werden, sondern unter Einbeziehung der Wirtschaft und Zivilgesellschaft ausgearbeitet werden. Einmal mehr weisen sie dabei auf den Wert verschlüsselter Kommunikation hin, nicht für die Gesellschaft, sondern etwa für Journalist:innen und die Wirtschaft. Die Gewährleistung von deren Sicherheit sei ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor.

Deutlich schärfer fällt die Kritik durch den CCC aus: Die Pläne der Großen Koalition seien "so absurd, dass wirklich alle in die Ausschussanhörung im Bundestag eingeladenen Sachverständigen die Ideen scharf kritisierten" – selbst die von Union und SPD vorgeschlagenen, heißt es da. Wenn insbesondere Ende-zu-Ende-verschlüsselte Messenger wie Signal, Threema und Whatsapp so offenbar gezielt geschwächt würden, wäre das "der Todesstoß für das Vertrauensverhältnis zwischen Nutzerinnen und Anbieterinnen", meint CCC-Sprecher Linus Neumann: "Man fragt sich mittlerweile, wie beratungsresistent eine Regierung schon sein muss, um sämtliche Kritik einfach nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen und zusätzlich private Unternehmen zu Hilfsarbeitern der Geheimdienste zu machen." Wenn man keine Fürsprecher mit Sachverstand finde, sollte man ein Vorhaben "einfach seinlassen".

(mho)