Ex-NSA-Informantin Reality Winner auf dem Weg in die Freiheit

Gute Führung erspart Reality Winner einige Monate im Gefängnis. Als indirekte NSA-Mitarbeiterin hatte sie ein NSA-Dokument über russische Hacks weitergegeben.

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Silhouette in dunklem Gang

(Bild: LR-PHOTO / shutterstock.com)

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Reality Winner ist aus einem US-Bundesgefängnis in eine offene Anstalt verlegt worden. Das Winners Anwältin Alison Grinter Allen auf Twitter bekanntgegeben. Die ehemalige indirekte NSA-Mitarbeiterin Winner war seit Juni 2016 in Haft, weil sie einen geheimen Bericht an die US-Webseite The Intercept weitergegeben hatte.

Das NSA-Dokument beschuldigt einen russischen Militärgeheimdienst, US-Wahlbehörden angegriffen zu haben, unter anderem durch Spear-Phishing. Für die Preisgabe der geheimdienstlichen Erkenntnisse wurde Winner zu 63 Monaten Haft plus drei Jahren anschließender Überwachung verurteilt (USA v Reality Leigh Winner, US District Court Southern Georgia, Az. 1:17-mj-00024).

Es war die höchste Strafe eines US-Bundesgerichts für die Weitergabe offizieller Dokumente an die Medien. Der damalige US-Präsident Donald Trump kritisierte das hohe Strafmaß. Dennoch haben sich Winners Anwältin und Familie sowie amnesty international vergeblich für eine Begnadigung oder Strafminderung eingesetzt.

Ebenfalls abgelehnt wurde eine Entlassung aus humanitären Gründen. Die Frau hatte ihren Antrag vom April 2020 damit begründet, dass der Stress der im Gefängnis wütenden COVID-Pandemie ihre Bulimie verschlimmere. Zudem sei sie als Lungenkranke besonders gefährdet. Im Juli erkrankte Winner in Haft tatsächlich an COVID-19, was ihr auch Monate später noch Probleme bereitete.

Dass die Insassin nun einige Monate früher aus dem Gefängnis in eine offene Anstalt verlegt wurde, verdankt sie ihrer besonders guten Führung. In den nächsten Wochen wird sich entscheiden, ob sie in der offenen Anstalt bleiben muss, oder in Hausarrest gehen darf. Nach Ablauf der 63 Monate bleibt Winner jedenfalls noch drei weitere Jahre unter Überwachung, was mit strengen Auflagen und Einschränkungen verbunden ist.

Aus Sicht ihrer Unterstützer ist Winner eine Whistleblowerin, die die Öffentlichkeit über eine Gefahr für die demokratischen Wahlen ihres Heimatlandes informiert hat. Dabei hat die Frau keine unstatthaften Machenschaften der NSA oder anderer US-Dienste offengelegt, sondern geheimdienstliche Ermittlungsergebnisse verraten. Dafür wurde Reality Winner verurteilt.

Die Abteilung für Spionageabwehr des Inlandsgeheimdienstes FBI hat 2016 nach eigenen Angaben nur zwei Tage gebraucht, um die Angeklagte zu überführen. Vor Veröffentlichung des NSA-Dokuments hatte The Intercept die NSA und den US-Geheimdienstdirektor um Stellungnahme gebeten. Das FBI erkannte auf dem von The Intercept übermittelten Scan eine Knickkante – ein Hinweis darauf, dass das Dokument nicht elektronisch sondern ausgedruckt übermittelt worden war.

Die internen Überwachungssysteme der NSA zeigten an, dass das Dokument sechsmal ausgedruckt worden war. Nur eine dieser sechs Personen hatte laut FBI von ihrem Desktop-Rechner aus per E-Mail mit The Intercept kommuniziert: Reality Winner. Die damals 24-Jährige hatte erst wenige Monate zuvor in einer NSA-Einrichtung in Georgia zu arbeiten begonnen, qua Anstellung bei der Firma Pluribus International.

Über so eine Vertragskonstruktion war auch Edward Snowden für den US-Nachrichtendienst tätig. Wikileaks-Sprecher Julian Assange zürnte The Intercept für den mangelhaften Informantenschutz. Wikileaks lobte ein umstrittenes Kopfgeld auf den namentlich unbekannten Intercept-Journalisten aus. Assange sitzt seit zwei Jahren in Großbritannien in Haft, weil die USA seine Auslieferung begehren. Der Australier ist in den USA nach dem selben Anti-Spionage-Gesetz aus 1917 angeklagt, das Reality Winner zum Verhängnis geworden ist.

(ds)