Bayerns Verfassungsschützer sollen mehr schnüffeln dürfen

Innenminister Beckstein will nach dem 11. September 2001 geschaffene Befugnisse auf die Bekämpfung des allgemeinen Extremismus sowie der organisierten Kriminalität ausweiten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 585 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Ein Gesetzesentwurf des Bayerischen Innenministeriums will dem Landesverfassungsschutz zusätzliche Befugnisse verschaffen. Mit dem Papier, das heise online vorliegt und am 24. September im Kabinett in München behandelt wird, sollen die von Innenminister Otto Schily im vergangenen Jahr durchgeboxten Maßnahmenpakete ins Bayerische Verfassungsschutzgesetz und benachbarte Überprüfungsgesetze eingearbeitet werden.

Dadurch soll es Staatschützern ermöglicht werden, im Rahmen der Beobachtung "gewaltorientierter ausländischer Extremisten" umfangreiche Auskünfte bei Banken und Finanzgesellschaften, Postdienstleistungsunternehmen, Luftfahrt-Konzernen und Telekommunikationsanbietern einzuholen. Auch der Einsatz des IMSI-Catchers zur Ermittlung der Geräte- und Kartennummern von Handys wird gestattet. Bayern will all diese Befugnisse nun in Eigenregie gleichzeitig auf die Bekämpfung "gewaltorientierter extremistischer Bestrebungen im Inland sowie die Organisierte Kriminalität" ausdehnen.

Begründet wird der Rundumschlag mit dem Argument, dass das Landesamt für Verfassungsschutz die neuen Rechte brauche, "um einen möglichst umfassenden Überblick über Extremisten und Terroristen zu gewinnen und Personenzusammenhänge, Organisationsstrukturen und Finanzwege aufzuhellen." Es sei nicht hinnehmbar, dass die vom Bund gewährten Befugnisse nicht auch bei "gewaltgeneigten Bestrebungen" anwendbar sein dürften, durch die die "freiheitlich demokratische Grundordnung" des Bundes oder eines Landes gefährdet seien. Die Bedrohungen durch die Organisierte Kriminalität seien ferner mit denen des Terrorismus "in ihrer Bedeutung vergleichbar".

Die ausgeweitete Nutzung des IMSI-Catchers, die nach Angaben der Netzbetreiber äußerst riskant ist, erscheint dem bayerischen Innenminister Günther Beckstein nötig, da der Verfassungsschutz mit dem "weitreichenden technischen Fortschritt auf dem Gebiet der Telekommunikation" Schritt halten müsse. Die nicht unerheblichen Kosten für die Anschaffung eines solchen Lauschgeräts will der Minister, der für den Falle eines Regierungswechsels bereits ein umfassendes "Sicherheitspaket 3" geschnürt hat, "zu gegebener Zeit aus dem Haushalt abdecken".

Datenschützer beklagen dagegen seit langem, dass schon die ursprünglichen Sicherheitsgesetze zu weit gingen und mit der Bekämpfung des Terrorismus nur wenig zu tun haben. Zum Jahrestag der Anschläge auf die USA erklärte der Vorsitzende der Deutschen Vereinigung für Datenschutz, Thilo Weichert, dass der Grundrechtsschutz ohne Not immer weiter in Frage gestellt werde -- ohne einen nachweisbaren Gewinn an zusätzlicher Sicherheit. (Stefan Krempl) / (anw)