Digitalpolitik: Digitale Souveränität durch Open Source

Das Umstellen auf Open Source könnte das Gemeinschaftsgefühl in der EU stärken. Zudem würde es die Abhängigkeit von bestimmten Anbietern deutlich reduzieren.

Artikel verschenken
In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1 Kommentar lesen
Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Dr. Gerhard Weck
Inhaltsverzeichnis

Von vielen Entscheidern im IT-Bereich unbemerkt oder bewusst ignoriert, hat sich in den letzten Jahren die Entwicklung und der Einsatz von IT-Systemen auf wenige Hard- und Softwarebasissysteme verengt. Häufig heißt es, die Beschränkung auf wenige Produkte, die angeblich miteinander besonders kompatibel seien, vereinfache die Arbeit, und außerdem sei das notwendige Fachpersonal leichter verfügbar. Alternative Hard- und Software wird bei der Planung und Beschaffung oft nicht einmal in Betracht gezogen, selbst wenn sie aus betrieblicher, ökonomischer und sicherheitstechnischer Sicht überlegen ist.

Die Software der meisten heute eingesetzten Systeme basiert auf wenigen Betriebssystemen und Anwendungspaketen, die zu einem großen Teil als Closed Source angeboten werden. Damit ist es nicht möglich, das korrekte Funktionieren bis auf die Ebene des Quellcodes zu überprüfen und zu bewerten. Und durch nicht erkannte Lücken und Hintertüren können vertrauliche Daten abfließen oder manipuliert werden. Außerdem können Angriffe auf zentrale, weithin genutzte Komponenten, wie kürzlich bei Exchange geschehen, zu weitreichenden, kaum zu behebenden Schäden führen. Großflächige Ausfälle – es sei an Emotet erinnert – zeigen die Dringlichkeit. Insbesondere der weitverbreitete Einsatz der Telemetrie, über die viele Daten an den Hersteller gelangen, sowie der Zwang zum Aktivieren erworbener Lizenzen durch explizite Freischaltung können den völligen Verlust der Kontrolle über die eingesetzte Software nach sich ziehen.

Etliche politische Akteure sehen Erpressung, Vertragsbruch und gezielte Attacken auf Firmen mit dem Ziel, sie aus dem Markt drängen, als normal an. Es besteht die Gefahr, dass politischer Druck einzelne Hersteller zwingt, ihre Produkte aus bestimmten Ländern zurückzuziehen oder deren Lauffähigkeit dort zu beschränken. Es ist auch möglich, dass manche Anwendungen sich schlicht nicht mehr verwenden lassen. Das kann viele Gründe haben, zum Beispiel könnte der Anbieter aus dem Markt verschwunden sein, die Pflege aufgegeben oder Funktionen und Lizenzierung so geändert haben, dass das Produkt für seinen bisherigen Zweck nicht mehr infrage kommt oder nicht mehr legal eingesetzt werden darf.