Wie Kuhmägen Plastik "fressen" könnten

Im Pansen von Milchkühen wurden Enzyme und Mikroorganismen gefunden, die schwer wiederzuverwertende Kunststoffe abbauen können.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 50 Kommentare lesen
Kuh, Rind
Lesezeit: 2 Min.

Das Recycling von Plastikunrat stellt nach wie vor ein großes Problem dar. Das Endprodukt kann beispielsweise oft nicht erneut für sensible Anwendungsbereiche wie die Lebensmittelverpackung verwendet werden. Will man den Müll nicht verbrennen, bleibt dann nur die Deponie – und von da aus wandert das petrochemisch hergestellte Material oft in Form von Mikroplastik in die Umwelt.

Entsprechend lange suchen Forscher schon nach einer Möglichkeit, Mikroorganismen zu verwenden, um Kunststoff möglichst rückstandslos abzubauen. Im Magen von Kühen – genauer: im größten der drei Vormägen, dem Pansen – wurden nun Lebewesen entdeckt, die in der Lage sein sollen, bestimmte Kunststoffe zu verdauen. Dies berichtet ein Team der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU).

Schon zuvor war in der Forschung bekannt, dass das Kutin, eine polyesterartige Substanz, die in Pflanzenzellen vorkommt, von natürlich vorkommenden Mikroorganismen abgebaut werden kann. Da Kühe Hochleistungsverdauer pflanzlicher Nahrung sind, dachte sich das BOKU-Team um die Chemikerin Doris Ribitsch, dass dies auch im Pansen geschehen müsse. Tatsächlich wurden die Mikroben in der Magenflüssigkeit des Pansens auch identifiziert. Sie bilden Enzyme, die das Kutin aufspalten können.

Anschließend wurden verschiedene Kunststoffarten von problematischeren wie PET bis hin zu als biologisch abbaubar beziehungsweise zumindest leicht recycelbar geltenden Plastikvarianten (PEF, PBAT) mit der Pansenflüssigkeit in Kontakt gebracht – selbige ist weitläufig kostengünstig verfügbar, weil sie bislang als Schlachthofabfall gilt. Es zeigte sich, dass alle drei getesteten Polymere in ihre Einzelbestandteile zerlegt werden konnten.

Im Vergleich zu der bestehenden Literatur für reine Enzyme oder Überstände von einzelnen Mikroorganismen sei die Aktivität, also die Polyester-Hydrolyse, in der Pansenflüssigkeit "relativ hoch" gewesen. Offenbar sei hier mehr als nur ein Enzym am Werk. Der Vorgang sei synergetisch. In einem nächsten Schritt soll nun untersucht werden, welche Mikroorganismen und deren Enzyme im Polyester-Abbau die aktivsten sind. Prinzipiell könnten abenteuerlustige Müllbeseitiger aber schon jetzt zur kostengünstigen Pansenflüssigkeit greifen, um Experimente zu wagen.

(bsc)