Afghanistan: Taliban erbeuten Biometrie-Geräte und -Datenbanken

Bei ihrem Vormarsch in Afghanistan haben die Taliban angeblich auch Geräte zur biometrischen Identifizierung erbeutet. Die enthalten auch Daten.

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Ein Handheld Interagency Identity Detection Equipment im Einsatz

(Bild: US-Verteidigungsministerium)

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In Afghanistan haben die radikalislamistischen Taliban offenbar auch Gerätschaften des US-Militärs zur biometrischen Personenidentifizierung erbeutet – inklusive der enthaltenen Daten. Das berichtet das US-Magazin The Intercept unter Berufung auf mehrere ungenannte Quellen.

Die Geräte mit dem Namen "Handheld Interagency Identity Detection Equipment" (HIIDE) seien demnach vergangene Woche in die Hände der Taliban gefallen. Unklar sei, in welchem Umfang auch die biometrischen Datenbanken für die Terrorgruppe zugänglich sind, heißt es noch. Diese enthalten wohl auch Daten zur Identifizierung von Afghanen und Afghaninnen, die den US-Truppen geholfen haben. Warum die Geräte beim Abzug der Truppen zurückgelassen wurden, ist unklar.

Bei den Geräten handelt es sich um eine Art Kamera, mit denen Iris- und Porträt-Aufnahmen gemacht, Fingerabdrücke genommen und weitere Daten gespeichert, beziehungsweise abgeglichen werden können. Die Geräte selbst können jeweils mindestens Zehntausende Datensätze speichern, aber auch auf andere Datenbanken zugreifen. Soldaten und Soldatinnen hätten damit jeden Tag Tausende von Menschen identifiziert, erklärt eine Quelle dem US-Magazin nun. Es sei möglich, dass die Taliban weitere Werkzeuge benötigen, um an die Daten zu gelangen, erklärt ein weiterer. Dabei könnte aber der pakistanische Geheimdienst helfen. Dann könnten die Taliban gezielt nach Menschen fahnden, die westlichen Truppen im Land geholfen haben. Laut The Intercept hatte das Pentagon zwischenzeitlich das Ziel, 80 Prozent der Bevölkerung des Landes biometrisch zu identifizieren.

Die Sorge um die Erbeutung der Geräte und die damit verbundene Gefahr für die Bevölkerung in Afghanistan nach der unerwartet raschen Machtübernahme der Taliban gesellt sich zu Warnungen vor weiteren Daten, die den Menschen nun zum Verhängnis werden kann. So seien in den vergangenen Jahren auch vom afghanischen Staat digitale Datenbanken zur Identifizierung von Menschen aufgebaut worden, beispielsweise zur Organisation von Wahlen. Mehrere Millionen Afghanen und Afghaninnen haben außerdem bereits eine E-ID-Karte zur Identifizierung. Mit den Daten könnten die Taliban etwa nach Angehörigen bestimmten Ethnien suchen, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International haben für Menschen in Afghanistan bereits Leitfäden zur Verfügung gestellt, damit die ihre digitalen Spuren vernichten können. Das geht aber nur auf Geräten, auf die sie Zugriff haben, staatliche oder andere Datenbanken können so nicht gesäubert werden. Die Geschehnisse unterstreichen damit eindrücklich, welche Gefahren mit der Anhäufung personenbezogener Daten verbunden sind. In Afghanistan könnten die für viele Menschen nun zwischen Leben und Tod entscheiden, denn es wird erwartet, dass die Taliban an Unterstützern und Unterstützerinnen der westlichen Truppen Rache üben. Viele wollen deshalb das Land verlassen, sitzen nach der Machtergreifung der Terrorgruppe inzwischen aber in der Falle.

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(mho)