Kanada: Heimlich errichtete Bitcoin-Anlagen müssen schließen

Stillgelegte Gasquellen liefern günstige Energie für die nutzlosen Berechnungen des Bitcoin-Mining. Lärm hat eine nicht genehmigte Anlage in Alberta verraten.

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2 Erdgas-Pumpen in einem Feld in Schneesturm

Erdgasförderung in kanadischem Schneesturm

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Zwei illegale Gaskraftwerke für Bitcoin-Mining in Kanada müssen den Betrieb einstellen. Das hat die zuständige Behörde der Provinz Alberta entschieden. Die Betreiber wollen aber nicht aufgeben und anderer Stelle in Alberta weitermachen – dann mit den notwendigen Genehmigungen. In der Region gibt es zehntausende stillgelegte Gasquellen, deren klassischer Betrieb sich nicht mehr rentiert. Für ein paar Megawatt, wie sie Bitcoin-Miner vor Ort verbrauchen können, sind sie aber eine günstige Energiequelle.

Das wollte sich die Aktiengesellschaft Link Global Technologies zunutze machen. Sie hat von der Firma MAGA Energy zwei stillgelegte Gasquellen gemietet und vor Ort kleine Kraftwerke sowie Container mit Bitcoin-Mining-Hardware installiert. In einer entlegenen Region nahe der Grenze zu Saskatchewan leisteten die Generatoren 3,5 Megawatt, in Sturgeon, einem Ort außerhalb der Stadt Edmonton, waren es 5 Megawatt. Seit Sommer 2020 lief das Bitcoin-Mining Tag und Nacht – und natürlich auch die dafür notwendigen Generatoren.

Doch in Sturgeon stand die Anlage nahe einer Nobel-Wohnanlage. Deren Bewohner waren extra an ein stilles Plätzchen gezogen und fanden sich plötzlich dem Lärm der Generatoren und Lüftungsanlagen ausgesetzt. Die Ruhe liebenden Kanadier stiegen auf die Barrikaden. "Es ist fast wie das Aufwärmen eines Flugzeugmotors auf dem Vorfeld", beschrieb ein Anrainer den Lärm gegenüber der CBC, dem englischsprachigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk Kanadas. Ein anderer wähnte Flugzeuglandungen auf der Wiese hinter seinem Haus. Zehn Haushalte beschwerten sich schließlich bei der Regulierungsbehörde Alberta Utilities Commission (AUC).

Die Behörde hat zunächst ein vorläufiges und nun ein endgültiges Betriebsverbot verhängt. Denn Link Global hatte sich gar nicht erst um Genehmigungen oder Bescheinigungen bemüht. Angesichts dieser Nachrichten musste Link Global am Mittwoch den Handel seiner Aktien aussetzen. Mit 42,5 kanadischen Cent (Schlusskurs Dienstag) handelt es sich dabei um sogenannte Pennystocks.

Theoretisch dürfen in Alberta Generatoren unter 10 Megawatt zum Eigenbedarf genehmigungsfrei betrieben werden, wenn sie niemanden beeinträchtigen, Lärmschutzbestimmungen einhalten und sich nicht negativ auf die Umwelt auswirken. Link Globals Generatoren sind aber nachts zu laut, beeinträchtigten die Nachbarn und verbrennen Erdgas, was sich in Form von CO2-Emissionen auf die Umwelt auswirkt.

"Es ist mein Fehler", sagte Link-Global-CEO Stephen Jenkins zur CBC, "Ich übernehme die volle Verantwortung. Wir haben die Nachbarn nicht mit einbezogen." Ein Versuch, nur tagsüber Bitcoin zu berechnen, hat die Regulierungsbehörde nicht besänftigt. Aufgrund der Emissionen benötigt die Anlage entweder eine Genehmigung der Regulierungsbehörde oder eine Unbedenklichkeitserklärung einer Umweltbehörde.

Jenkins argumentiert mit Vorteilen für die Umwelt: Manchen brachliegenden Gasquellen entweicht Methan, ein Treibhausgas. Da sein Unternehmen nur brachliegende Gasquellen nutzt und keine neuen bohrt, könne er die Methanbelastung vermeiden: "Ich möchte nicht sagen, dass wir im Geschäft der Methanzerstörung sind, aber wir sind im Geschäft der vorteilhaften Nutzung dieser potenziellen Methanquellen. Wir verbrennen das korrekt. Wir fackeln es nicht ab, so können wir diese Emissionen kontrollieren." Außerdem könnte die Abwärme seiner Rechenanlagen für die Landwirtschaft genutzt werden.

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Nach eigenen Angaben kann Link Global aus 10 MW Leistung täglich 1,2 Bitcoin berechnen. Eine Einheit dieser Kryptowährung ist dieses Jahr mehrere zehntausend Euro wert. Da lässt sich die erste Teilstrafe der AUC von 25.000 bis 75.000 kanadischen Dollar (17.000 bis 64.000 Euro) leicht verschmerzen. Die Höhe eines zweiten Strafteils ist noch offen.

Jenkins möchte jedenfalls weitermachen. Wenn es keine Einigung mit den Nachbarn gibt, dann eben bei einer anderen stillgelegten Gasquelle. Davon gibt es zehntausende. Wenn es in Alberta nicht geht, dann eben in den Nachbarprovinzen Saskatchewan oder Britisch-Kolumbien.

Laut CBC ist sein Unternehmen nicht das Einzige in Alberta. Eine Firma namens Upstream Data nutzt seit 2017 Erdgas, das sonst abgefackelt würde, um Strom für Bitcoin-Mining zu gewinnen. Die US-Firma Black Rock Petroleum habe vor, bis zu einer Million Bitcoin-Mining-Karten aus der Volksrepublik China zu Alberta Erdgasquellen zu bringen. Die Volksrepublik hat das Bitcoin-Mining unter Verweis auf den absurden Energieverbrauch nämlich verboten, sodass die Hardware dort nun günstig abgegeben wird.

Bereits seit 2018 schürft die Firma Hut 8 Mining in Alberta nach Bitcoins. Sie kauft dafür billigen Strom von legalen Gaskraftwerken. Aus bis zu 109 Megawatt berechnet sie in den Orten Medicine Hat und Drumheller bis zu 1073 Petahashes pro Sekunde - bis es zu heiß wird.

(ds)