BND-Datenstaubsauger: Keine Erkenntnisse im Gefahrenbereich "Cyber"

Der Bundesnachrichtendienst hat die internationale Telekommunikation auch 2019 mit tausenden Selektoren durchforstet, relevante Hinweise fand er eher wenige.

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(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Die Ausbeute der strategischen Fernmeldeaufklärung, bei der der Bundesnachrichtendienst (BND) mit seinem sogenannten Datenstaubsauger die internationale Telekommunikation mit Suchbegriffen rastert, bleibt weiter vor allem im Gefahrenbereich "Cyber" mau. Mit dem Plazet der G10-Kommission waren in diesem Sektor im ersten Halbjahr 2019 130 Selektoren angeordnet, im zweiten Halbjahr nach dem Aussetzen der entsprechenden Operation keine. Der auswertende Fachbereich stufte dabei keinen im Sieb hängen gebliebenen Telekommunikationsverkehr als nachrichtendienstlich relevant ein.

Dies geht aus dem am Montag veröffentlichten jüngsten Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags (PKGr) über sogenannte G10-Maßnahmen der Geheimdienste hervor. Im größeren Gefahrenbereich "Internationaler Terrorismus" waren demnach 2019 im ersten Halbjahr 2593 und im zweiten 1245 Suchbegriffe scharf gestellt. 2018 hatten die Vergleichszahlen mit 5686 und 2958 Selektoren noch deutlich höher gelegen. Nach dem automatisierten Filtervorgang mithilfe der Begriffe und einer Prüfung auf Eignung ergaben sich 2019 bei nur acht Anrufen, SMS, E-Mails oder sonstigen Online-Nachrichten Anhaltspunkte für weitere Recherchen.

Im Sektor "Proliferation und konventionelle Rüstung" waren in der ersten Hälfte 2019 179 und in der zweiten 208 Suchbegriffe angeordnet. Nach der maschinellen und händischen Durchsuchung qualifizierten sich 55 Telekommunikationsverkehre für eine weitere Bearbeitung im BND. 2018 waren hier 158 Selektoren im ersten und 169 im zweiten Halbjahr zum Einsatz gekommen. Im Bereich "Illegale Schleusung" waren während der ersten sechs Monate 2019 79 und während der zweiten 116 Suchbegriffe aktiv (2018: 42 beziehungsweise 80). Der auswertende Fachbereich hielt hier elf Verkehre für bedeutungsvoll.

Insgesamt gingen dem BND im ersten Halbjahr 2019 1423 Nachrichten ins Netz, von denen er die überdurchschnittlich hohe Zahl von 1331 genauer untersuchte. In der zweiten Hälfte qualifizierte der BND von den dann nur noch 219 erfassten Verkehren 54 als nachrichtendienstlich relevant. Parallel haben 2019 das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), der BND und der Militärische Abschirmdienst (MAD) nach Genehmigung durch die G10-Kommission zusammengenommen 231 Individualmaßnahmen vorgenommen und damit das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis eingeschränkt. Das waren neun mehr als im Vorjahr.

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai 2020 geurteilt, dass die vom BND praktizierte strategische Fernmeldeaufklärung gegen das Grundgesetz verstieß. Der Bundestag legalisierte diese Form der Massenüberwachung im März prinzipiell erneut, auch wenn nun etwa teils erhöhte Anforderungen an die erfassbaren Personenkreise gelten und die Kontrolle besser werden soll. Der Gesetzgeber weitete zugleich die Gefahrenbereiche deutlich aus, in denen der BND den Datenstaubsauger anwerfen darf.

(olb)