CCC: Seit 40 Jahren "Prellbock gegen die Gesetzgebung"

Seit 1981 kümmert sich der Chaos Computer Club um den schöpferisch-kritischen Umgang mit Technologie. Er will weiter für ungehinderte Kommunikation kämpfen.

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(Bild: 40 Years of CCC: The Birthday Gala)

Lesezeit: 3 Min.

Am 12. September 1981 soll der Chaos Computer Club (CCC) in West-Berlin gegründet worden sein. Die zunächst informelle "intergalaktische Gemeinschaft von Lebewesen" feierte den Geburtstag am Sonntag mit einem Video, in dem 42 Gratulanten und Mitstreiter dem Jubiläum gedenken.

In dem 77-minütigen Beitrag blickt auch Steffen Wernéry, der die offizielle Hackervereinigung zusammen mit Wau Holland ins Leben rief, auf die Anfänge zurück. Sein Resümee: Gäbe es den Club nicht, müsste man ihn unbedingt auf die Beine stellen, da es sonst keinen "gesellschaftspolitisch engagierten" Treffpunkt für Datenreisende gebe.

Er habe sich 1982 seinen ersten Computer gekauft, erinnert sich Wernéry in der virtuellen "Geburtstagsgala". Es habe dann "ein bisschen gedauert, bis ich online war". Damals habe er gehört, der CCC treffe sich im Schwarzmarkt in Hamburg, einer Buchhandlung für linke Subkultur. Er habe dort eigentlich nur "Kennwörter und Erfahrungen austauschen" wollen. Außer Wau, der "Komputer" in die Hände des Volkes bringen wollte, seien meist nur ein, zwei Leute dagewesen. Beide hätten sich gut verstanden und "zunehmenderweise fast täglich den ganzen Kram zusammengemacht".

"Im Herbst 1986 sollte ein erstes Wirtschaftskriminalitätsgesetz kommen mit Hackerparagrafen und solchen Sachen", geht der erste CCC-Sprecher auf die Politisierung und Institutionalisierung des Klubs ein. Sie hätten sich damals gesagt: "Wenn wir jetzt nicht auf dem Schleudersitz völlig privat haftend enden wollen, müssen wir natürlich einen Verein gründen."

Die ursprüngliche CCC-Satzung sei eine Kopie der Vorlagen der Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD) geworden. Die Gründungsväter hätten dazu eine neue Präambel "praktisch mit dem weltweiten Menschenrecht auf ungehinderte Kommunikation gemacht, wo man ja heute noch dran arbeitet". In der ersten Gründungsversammlung "stand Hacken drin", erzählt Wernéry weiter. Das Vereinsgericht habe dies bemängelt, da es das Wort damals noch nicht im Duden gegeben habe. Stattdessen sei dann die bis heute aktuelle "Förderung des schöpferisch-kritischen Umgangs mit Technologie" hineingekommen: Es gelte, "zu gestalten mit den Sachen, die da sind", aber zugleich immer dahinterzugucken.

Einige Anhänger hätten sich zwar unwohl gefühlt mit einem deutschen Verein und auf informellere Strukturen beharrt. Eine Verwaltungseinheit sei aber nötig gewesen, betont der Mitgründer: "Im Kern ging es darum, dass wir einen Prellbock haben gegen die Gesetzgebung".

Längst wird der CCC, der in den jungen Jahren vor allem mit seinen spektakulären BTX- und NASA-Hacks auf sich aufmerksam machte, etwa zu Anhörungen im Bundestag geladen. "Es ist schön, dass wir befragt und zurate gezogen werden", findet das Ehrenmitglied im Gespräch mit dem rbb. "Aber es ist natürlich traurig, dass daraus keine oder selten die entsprechenden Reaktionen erfolgen." Ihn beschleiche ständig ein Déjà-vu-Gefühl, moniert Wernéry in dem Video. Es mache wenig Spaß, "gegen die hundertste Vorratsdatenspeicherungsverordnung" immer wieder angehen und ständig die Grundrechte verteidigen zu müssen. Oft handle es sich dabei um einen Kampf gegen Windmühlen. Es sei aber notwendig, Freiräume etwa für verschlüsselte Kommunikation wiederzubekommen beziehungsweise zu erhalten.

Steffen Wernéry spricht über den Kampf gegen Windmühlen

(Bild: 40 Years of CCC: The Birthday Gala)

Von diesem Ziel sei die Menschheit momentan "wieder weiter weg, als wir schon mal waren". Auch beim Bewusstsein für Datenschutz und IT-Sicherheit komme die Gesellschaft "nicht viel weiter".

(kbe)