Starlink & Co.: Lichtverschmutzung künftig auch in Mitteleuropa am schlimmsten

Sollten tatsächlich Zehntausende Satelliten für Projekte wie Starlink in den Orbit kommen, wären die Folgen für den Nachthimmel hierzulande mit am schlimmsten.

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(Bild: AstroStar/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Wenn die geplanten Megakonstellationen mit Zehntausenden Satelliten im All sind, wird die dadurch ausgelöste Lichtverschmutzung an den 50. Breitengraden (Nord und Süd) am stärksten. Sichtbar wären die Satelliten zwar überall auf der Erde am Nachthimmel, aber eben in unterschiedlichem Ausmaß. Das hat ein Forschungsteam aus Kanada anhand von Modellrechnungen und Beobachtungsdaten der Starlink-Satelliten von SpaceX errechnet.

Während der 50. Breitengrad auf der Südhalbkugel über Land lediglich den dünn besiedelten Süden Argentiniens und Chiles überquert, führt sein nördliches Pendant quer durch Deutschland, Mitteleuropa, Zentralasien und Kanada. Zu bestimmten Zeiten werden hier Hunderte Satelliten gleichzeitig am Himmel zu sehen sein – die ganze Nacht hindurch.

Die prognostizierte Verteilung der Satelliten

(Bild: Lawler et.al)

In ihre Modellierung hat das Team um Samantha Lawler von der Universität Regina die prognostizierte Helligkeit und Verteilung von 65.000 Satelliten aus vier Megakonstellationen einfließen lassen. Diese Menge an Raumflugkörpern ist in den Projekten von Starlink, OneWeb, Kuiper und Starnet/GW aus China vorgesehen. Das Forschungsteam hat berechnet, wie die Satelliten von verschiedenen Orten der Erde zu verschiedenen Jahres- und Nachtzeiten zu sehen sein werden. Teilweise werden demnach mehrere Prozente der am Himmel sichtbaren Lichtquellen solche Satelliten sein, mit erheblichen Folgen nicht nur für die wissenschaftliche Astronomie. Auch eine Änderung der Höhen, in denen die Satelliten kreisen, kann das Problem demnach nicht beheben. Auf einer eigenen Website kann man sich eine simple Simulation der Satelliten am Himmel anzeigen lassen.

Mit der wissenschaftlichen Arbeit, die zur Veröffentlichung im Astrophysical Journal eingereicht wurde, trägt das Team um Lawler zu den lauter werdenden Warnungen vor einem weiterhin unregulierten Ausbau von Starlink & Co. bei. Sollten in den nächsten Jahren tatsächlich Tausende Satelliten wie angekündigt gestartet werden, werde das "verheerende Folgen" für die Forschungsastronomie und die Sternenbeobachtung haben, warnt sie. Auch wenn die geplante Infrastruktur viele mögliche Vorteile hat, könnte sie es der Menschheit erschweren, den Kosmos zu beobachten. Gegenüber Science News spricht sie von einem Scheideweg. Die zu erwartende Veränderung des Himmels sei vergleichbar zu dem Wechsel zwischen der Faszination, die man vor 100 Jahren gehabt habe, als man gelegentlich ein Auto sah, und dem Leben an einer vollen Autobahn heutzutage.

Der Simulation zufolge werde aus verschiedenen Gründen nicht jede Region auf der Erde gleichermaßen von der Lichtverschmutzung der Satellitenkonstellationen betroffen sein. Vor allem in Äquatornähe liegen Satelliten in der Nacht größtenteils im Schatten der Erde, werden also nicht sichtbar sein. Weiter nördlich (beziehungsweise südlich) bleiben Hunderte Satelliten aber sogar gegen Mitternacht über der Sichtbarkeitsgrenze des menschlichen Auges. Das könnte demnach aber durch höhere Orbits zumindest minimiert werden. Die schwerwiegendsten Auswirkungen hätte das demnach für Observatorien in Kanada (und Mitteleuropa). Aber auch in Chile – wo die Europäische Südsternwarte ihren Standort hat – wären teilweise Hunderte Satelliten gleichzeitig angestrahlt.

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Die Vorstellung der Arbeit erfolgt auch vor dem Hintergrund des weiterhin anhaltenden Ausbaus des Satellitennetzes Starlink von SpaceX – und weniger schnell von OneWeb. Die Anbieter versprechen, damit schnelle Internetzugänge an bisher nicht wirtschaftlich anzuschließenden Standorte zu bringen. Allein für Starlink wurden bereits mehr als 1700 Satelliten gestartet. Aus der Astronomie gibt es seit längerem Warnungen, dass die große Zahl an künstlichen Objekten am Himmel die Forschung teils extrem einschränken könnte. Dabei geht es nicht nur um die Forschung im optischen Spektrum, auch Radioastronomen fürchten um ihre Beobachtungen. Bislang von SpaceX vorgenommen Veränderungen helfen nur begrenzt. Lawler und ihr Team warnen derweil auch noch davor, dass die große Zahl geplanter Satelliten auch die Gefahr gefährlicher Kollisionen deutlich erhöht.

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(mho)