Leistungsschutz: Google weist neue Millionenforderungen von Verlegern zurück

Eine Presse-Verwertungsgesellschaft verlangt eine Lizenzgebühr von 420 Millionen Euro für 2022 von Google. Der Konzern spricht von "haltlosen Forderungen".

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(Bild: BigTunaOnline/Shutterstock.com)

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Der Streit über das Leistungsschutzrecht von Presseverlegern im Internet kocht wieder hoch. Die Verwertungsgesellschaft Corint Media gab am Freitag bekannt, Google einen Lizenzvertrag für die Nutzung von Inhalten aus Online-Presseveröffentlichungen wie Überschriften, kurzen Artikelausschnitten und Vorschaubildern in der Suchmaschine vorgelegt zu haben. Der US-Konzern soll demnach 420 Millionen Euro für 2022 zahlen. Laut Google handelt es sich aber um eine Milchmädchenrechnung.

"Wir halten uns an das Gesetz und orientieren uns an Fakten, nicht an haltlosen Forderungen", erklärte ein Sprecher von Google Deutschland gegenüber heise online. Corint Media ignoriere, dass die Suchmaschine "einen erheblichen Mehrwert für Verlage schafft und keine nennenswerten Einnahmen mit Nachrichteninhalten erzielt".

Die Auseinandersetzung zieht sich seit Jahren hin, hat aber durch die EU-Urheberrechtsreform und das darin verankerte neue Leistungsschutzrecht an Gewicht gewonnen. Der Bundestag setzte die Vorgabe im Mai um, nachdem der erste Anlauf für eine solche Schutzklausel für Presseveröffentlichungen aus formalen Gründen vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert war. Demnach dürfen nur einzelne Wörter oder sehr kurze Auszüge aus einem geschützten Beitrag frei verwendet werden, sonst wird eine Lizenzgebühr fällig. Das Setzen von Links und private Verwendungen bleiben erlaubt.

Für Corint Media ist der Fall damit klar. Die Verwertungsgesellschaft schätzt die 2020 aus dem Betrieb der Google-Suchmaschine in Deutschland erwirtschafteten Umsätze auf rund 9 Milliarden Euro. Die Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt, die für die Bewertung von Tarif- und Vergütungsfragen zuständig ist, habe bereits einen Lizenzsatz von bis zu elf Prozent auf die relevanten Geschäfte für das Gesamtrepertoire als grundsätzlich angemessen bewertet. Für den Tübinger Urheberrechtler Norbert Flechsig kann dies "nur als Untergrenze eines angemessenen Entgelts bezeichnet" werden.

Corint Media vertritt in dem Fall Verlagsgruppen wie Axel Springer, Handelsblatt, Funke und DuMont, beispielsweise jedoch nicht Heise Medien. Insgesamt nehme man die Rechte von rund "200 digitalen Presseveröffentlichungen" im deutschen Markt wahr, heißt es bei der Gesellschaft. Da man nicht alle hiesigen Publikationen abdecke, sei der Prozentsatz entsprechend zu reduzieren gewesen. So ergebe sich der Betrag.

Dieser sei auch im internationalen Vergleich angemessen, argumentiert die Vereinigung. In Australien seien für ähnliche Leistungsschutzrechte rund 100, in Kanada etwa 400 Millionen Euro angesetzt worden. Die französische Kartellbehörde habe Google vor Kurzem zu einer Zahlung von 500 Millionen Euro verurteilt, da das Unternehmen entgegen einer Anordnung mit den Presseverlegern nicht konstruktiv über die Vergütung für das dortige Leistungsschutzrecht verhandelt habe.

Rückendeckung erhält die VG Media, die sich auch mit Microsoft und weiteren Nutzern bereits in Gesprächen befindet und Facebook zu Verhandlungen aufruft, vom einstigen Berichterstatter für die EU-Urheberrechtsrichtlinie, Axel Voss: "Jeder Versuch, dieses robuste Recht zu umgehen, widerspricht dem Zweck der Regelung und ist abzulehnen", betont der CDU-Politiker. "Die Einnahmen sollen die Verlage und damit die Meinungs- und Pressevielfalt absichern und auch eine Beteiligung der Journalisten gewährleisten."

Google hält dem entgegen, bereits konstruktive Gespräche mit mehr als zwei Dutzend deutschen Verlagen aufgenommen zu haben. Die Verhandlungen würden fortgesetzt mit der festen Absicht, eine gesetzeskonforme und für alle funktionierende Lösung zu finden. Studien belegten, dass das Unternehmen mit Nachrichteninhalten nicht viel Geld verdiene. Man unterstütze Verleger generell in vielerlei Hinsicht, etwa durch Lizenzvereinbarungen und durch kostenlosen Traffic, den diese erhielten, wenn Nutzer auf Links bei Google klicken und deren Webseiten besuchen.

Die Corint-Vorgängergesellschaft VG Media hatte dem Internetriesen bereits 2019 auf Basis des damaligen wackligen deutschen Leistungsschutzrechts eine hohe Rechnung präsentiert. Sie wollte allein rückwirkend für die Zeit vom 1. August 2013 bis zum 31. Dezember 2018 für Ansprüche aus dem urheberrechtsähnlichen Schutzrecht 1,24 Milliarden Euro von dem Suchmaschinenbetreiber. Dieser wollte damals solche "haltlosen Gedankenspiele" nicht direkt kommentieren.

Nach dem hiesigen Beschluss der Novelle des Urheberrechtsgesetzes im Frühjahr erklärte die Alphabet-Tochter, mit deutschen Verlagen an einer Einigung über eine erweiterte Vorschau von Inhalten jenseits der zulässigen Auszüge (Snippets) arbeiten zu wollen: "Obwohl der kommerzielle Wert von journalistischen Inhalten für Google begrenzt ist, ist uns deren Bedeutung für die Gesellschaft sehr bewusst."

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