Fachkräftemangel: Mittelstand will mehr Einwanderung aus dem Ausland

Es fehlt an Vorprodukten und an Lkw-Fahrern. Und vor allem im MINT-Bereich fehlen Fachkräfte. Der deutsche Mittelstand fürchtet um die Wettbewerbsfähigkeit.

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Zuwanderung, Arbeitsmarkt, Fachkräfte, Arbeitsplätze

(Bild: giggsy25 / shutterstock.com)

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Mit Blick auf die fehlenden Fachkräfte sieht der Bundesverband mittelständische Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bedroht. "Immer mehr Unternehmen aller Branchen finden derzeit weder Fachkräfte noch Azubis", sagte Bundesgeschäftsführer Markus Jerger den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). "Das gefährdet elementar die Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands und damit des Standorts Deutschland insgesamt." Auch steigende Frachtraten und Engpässe bei Vorprodukten wie Halbleitern machen der deutschen Wirtschaft derzeit zu schaffen.

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Fachkräftemangel

Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels fordert Jerger mehr Einwanderung: "Wir brauchen die gezielte Einwanderung von Fachkräften, wobei die Betonung auf Fachkräfte liegt." Viele Unternehmen müssten bereits mangels qualifizierten Personals Aufträge ablehnen, sagte Jerger. Bei den Auszubildenden sehe es nicht besser aus. "Es gibt in Deutschland mehr als 390 anerkannte Ausbildungsberufe, und in nahezu allen fehlt es an neuen Auszubildenden."

Laut Jerger mache sich der ein akuter Mangel an Fachkräften und Auszubildenden vor allem im Bereich MINT bemerkbar (Mathematik, Information, Naturwissenschaft und Technik). Auch der Bereich Gesundheit und Pflege sowie das Handwerk seien davon betroffen. Eine weitere Folge des Fachkräftemangels sei zudem, dass Firmen potenzielle Nachfolger fehlten. Dies betreffe insbesondere Familienunternehmen, denen im schlimmsten Fall die Schließung drohe.

Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, sagte der "Welt am Sonntag": "Insgesamt werden derzeit etwa 1,2 Millionen Arbeitskräfte, davon zwei Drittel Fachkräfte, gesucht." In etwa 70 Berufen gebe es bereits Personalengpässe auf Fachkraftniveau. Ende August hatte Scheele gesagt, Deutschland brauche rund 400.000 Zuwanderer pro Jahr, um den zunehmenden Fachkräftemangel auszugleichen.

Besonders gesucht sind derzeit auch Lkw-Fahrer. "Es gibt zu wenig Berufskraftfahrer im Güterverkehr. Das wird künftige Wirtschaftsaufschwünge bremsen", heißt es in einem am Samstag veröffentlichten Bericht des arbeitgebernahen Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln zum Lastwagenfahrer-Mangel in Deutschland. Während demnach zu Beginn der Corona-Krise die Fachkraft-Lücke infolge des pandemiebedingten Wirtschaftseinbruchs bei den Fahrern auf null ging, kehrte der Fahrermangel mit der Wirtschaftserholung nach dem ersten Lockdown zurück. "Im September 2021 fehlten schon wieder 6659 Lkw-Fahrer in Deutschland – Tendenz stark steigend", heißt es in dem Bericht.

Vor allem die Nachwuchssituation ist demnach kritisch. "Im Jahr 2020 waren nur 13,6 Prozent der Berufskraftfahrer im Güterverkehr unter 35 Jahre alt", heißt es. Im Durchschnitt aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind es 29,3 Prozent.

Neben den Engpässen bei Lkw-Fahrern führen derzeit etwa auch steigende Containerpreise und Frachtraten sowie der Mangel an Vorprodukten wie Halbleiter zu globalen Lieferkettenproblemen. Der Außenhandelsverband BGA rechnet trotzdem mit einem kräftigen Exportwachstum in diesem Jahr. "Wir sind sehr gut ins Jahr gestartet und sehen deshalb trotz einer Abschwächung derzeit keine Anzeichen, unsere Prognose eines nominalen Wachstums von 13 Prozent zu kassieren", sagte der neue Präsident des Bundesverbandes Groß- und Außenhandel (BGA), Dirk Jandura, der Deutschen Presse-Agentur. Die Warenausfuhren würden damit das Niveau vor der Corona-Krise überschreiten.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) tauschte sich in der vergangenen Woche mit Vertretern der entsprechenden Branchen aus, wie die Lieferketten vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen stabilisiert werden können, wie das Bundesverkehrsministerium am Sonntag twitterte. Derzeit gebe es weltweite Engpässe und Störungen in den Lieferketten. Die Situation in Deutschland sei aber weniger kritisch, hieß es. "Alle Logistiker sagen: Es besteht keine Gefahr, dass dem Christkind im Dezember die Gaben ausgehen."

(tiw)