Lebensmittel: Was tun, wenn die Ernte plötzlich ausfällt?

Die Klimakrise bedeutet nicht nur Unwetter, sondern auch eine Bedrohung, auf die wir unvorbereitet sind: Ausfall von Lieferketten und Nahrungsmittelknappheit.

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Verdorrende Weizenfelder – wie hier in den Niederlanden – werden künftig häufiger für Nahrungsmittelengpässe in den Städten sorgen.

(Bild: Shutterstock/Jasper Suijten)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Eva Wolfangel
Inhaltsverzeichnis

Als Alfonso Mejia in den ersten Tagen der Pandemie einkaufen ging und die endlos langen Reihen leerer Nudel- und Mehlregale sah, wurde ihm klar: Nun würden seine Landsleute verstehen, dass leere Supermarktregale auch den Westen treffen können. Die Pandemie hat einen kleinen Vorgeschmack darauf geliefert, was künftig auf uns zukommen könnte, denn der Klimawandel wird dazu führen, dass ganze Ernteregionen Ausfälle erleiden, wenn wir nicht jetzt vorsorgen. "Das Interesse an diesem Thema wächst", sagt der Umweltingenieur der Pennsylvania State University, "die Leute realisieren jetzt, dass Food Shocks zunehmen werden."

Extremwetter, steigende Temperaturen, Dürre, Überschwemmungen können für die Lebensmittelversorgung ernsthafte Dimensionen annehmen – und auch wenn leere Nudelregale in der Pandemie kein existenzielles Problem waren, haben sie viele Menschen beunruhigt. Panikkäufe verschärfen das Problem und offenbaren die gesellschaftliche Dimension leerer Supermarktregale. Einige Forschende sehen in Weizenknappheit sogar den Auslöser des arabischen Frühlings – die Menschen in Ägypten sind auf Getreidelieferungen aus Russland angewiesen. Als die Ernte schlecht ausfiel, stiegen die Weizenpreise, Ägypten konnte sich kein Brot mehr leisten und die Menschen revoltierten gegen ihre autoritären Regime. Deshalb machen sich Forscher nun Gedanken darum, wie solchen Lebensmittelausfällen vorgebeugt werden kann und wie die Lieferketten resilienter werden können.

Aber von vorne: Food Shock nennt Mejia den Zustand, in dem plötzlich deutlich weniger eines bestimmten Nahrungsmittels in einer definierten Region vorhanden ist. In wohlhabenden Ländern führte das bislang meist lediglich dazu, dass die Preise stiegen. In ärmeren Ländern wurden solche Food Shocks jedoch schon häufiger spürbar und spätestens seit der Coronakrise ist klar geworden, dass Lieferketten abreißen können und Waren dann auch für viel Geld einfach nicht mehr zu kaufen sind. Das macht Lieferketten zu einem existenziellen Thema – auch für westliche Gesellschaften. Es ist also etwas dran, wenn Marc-Uwe Kling in Qualityland schreibt: "Jede Zivilisation ist nur drei Mahlzeiten von totalem Chaos entfernt."