Smart-Home-Standard "Matter" soll bislang inkompatible Komponenten verbinden

Der Marktstart von Matter scheint nun sicher. Doch noch ist ungewiss, wie viele Geräte den neuen Smart-Home-Standard zur Premiere auch tatsächlich unterstützen.

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(Bild: Devenorr/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Berti Kolbow-Lehradt

Schon seit einiger Zeit sind die Augen der Smart-Home-Welt auf "Matter" gerichtet: Der Verbindungsstandard soll die plattformübergreifende Steuerung von Komponenten ermöglichen, die über WLAN, das drahtlose Mesh-Netzwerk Thread oder per Ethernet ins Heimnetzwerk eingebunden ist. Ein bisher nur mit Apples HomeKit kompatibles Gerät hört dann etwa auf den Google Assistant, ohne dafür in der Google-Cloud registriert sein zu müssen.

Der ursprünglich für Herbst 2021 geplante Start wurde zwar auf Sommer 2022 verschoben. Doch immerhin befinden sich aktuell bereits rund 60 Geräte bei der zuständigen Connectivity Standard Alliance (CSA) in der Zertifizierungsphase, wie dessen Director Jon Harros am Rande eines Presseevents des Herstellers Eve berichtete. Absichtserklärungen, zum Matter-Auftakt auch passende Geräte im Handel zu haben, gibt es bislang von Aqara, Eve, Nanoleaf, Philips Hue, Wiz und Yale. Hinzu kommen Amazon, Apple, Google und Samsung, die auch zu den Initiatoren des Matter-Standards gehören.

Allerdings dämpfte Harros Erwartungen, dass zur Matter-Premiere tatsächlich alle der angesprochenen 60 Komponenten im Handel verfügbar sein werden. Dagegen spricht vor allem, dass sich die Geräte in höchst unterschiedlichen Entwicklungsstadien befinden. Allerdings wollen Aqara und Philips Hue auch ihre ZigBee-Gateways für Matter zertifizieren lassen. Wenn dies geschieht, wären dutzende bereits verfügbare ZigBee-Komponenten in einem Rutsch Matter-kompatibel.

Zum Marktstart ist laut CSA mit "vier bis fünf" Zubehörkategorien zu rechnen, darunter smarte Lampen, Sensoren, Zwischenstecker und Heizungsthermostate. Das genügt für grundlegende Smart-Home-Szenarien. Einen Vorgeschmack auf die Praxis bot Hersteller Eve mit einer Produktdemo vor Fachjournalisten. Dabei schaltete ein Google-Sprachbefehl mittels einer Eve-Steckdose eine Tischlampe ein, ein anderer Befehl fragte die Raumtemperatur von einem Eve-Wettersensor ab. Die Sprachbefehle verarbeitete und verschickte ein Google Nest Hub 2. Das Smart Display tauschte sich dabei lokal via Thread mit dem Zubehör aus. Eve hat auch gar keine eigene Cloud und lässt sich auf diesem Weg nicht mit Google-Technik verbinden. Der Google Assistant braucht wiederum für die Verarbeitung der Sprachbefehle stets eine Internetverbindung. Die Kommandos ließen sich bei der Demonstration zwar nur auf Englisch geben und führten teilweise erst nach zwei, drei Anläufen zum gewünschten Erfolg. Allerdings handelte es sich noch um eine experimentelle Firmware.

Über Matter wurden in der Vorführung eine Steckdose und ein Wettersensor von Eve ohne Cloud mit einem Nest Hub 2 verbunden und dann mit Google-Sprachbefehlen gesteuert – obwohl die Eve-Geräte an sich nur zu HomeKit kompatibel sind.

Dass in dieser frühen Phase überhaupt schon etwas funktioniert hat, nährt die Hoffnung, dass Matter tatsächlich die bisher oft mühselige Suche nach kompatiblem Zubehör vereinfachen und den Wunsch nach weniger Abhängigkeit von Cloud-zu-Cloud-Verbindungen besser erfüllen kann, als dies bisherigen Übertragungsstandards fürs Smart Home gelungen ist. Dennoch ist noch vieles ungeklärt – etwa, welche Rolle Matter bei plattformübergreifenden Automationen und Fernzugriffen spielen wird. Für viele beteiligte Firmen stellt der angedachte Brückenschlag wegen markeneigener Bedienlogiken ein richtig dickes Brett dar.

In Anbetracht dieser Großbaustelle ist es nicht ungewöhnlich, dass ein etwas längerer Anlauf nötig ist und viele Hersteller noch lauern, bis die Spezifikationen feststehen. Mit einem großen Schwung an interoperablen Komponenten ist also womöglich erst zu rechnen, wenn der Matter-Start im Sommer aus Sicht der Unternehmen glückt.

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