Warum das Stromsparkästchen Voltbox nutzloser Nepp ist

Kaufen, einstecken, Strom sparen: Das verspricht die Voltbox. Der Test deckt auf, dass das Kästchen etwas ganz anderes leistet, aber auch das unzureichend.

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Alte Steckdosen mit unzureichender Verkabelung - Symbolbild

(Bild: Logga Wiggler auf Pixabay)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Für nur 59 Euro pro Stück soll die Voltbox "bis zu 90 Prozent" der Stromrechnung sparen. Das erreicht sie angeblich durch eine "bahnbrechende Stromstablisierungstechnologie (EST) mit Blindleistungskompensation", die den Stromfluss in der Wohnung stabilisieren und die Effizienz erhöhen soll. Obendrein soll man "weniger künstlicher elektromagnetischer Strahlung (EMF/EMR)" ausgesetzt werden. Schließlich setze die Voltbox "fortschrittliche Kondensatoren ein, um schädliche Stromspitzen zu eliminieren, die deine Haushalts- und Elektrogeräte beschädigen können."

Die Voltbox soll "bis zu 90 Prozent" der Stromrechnung sparen. Das wäre zu schön, hat sich aber leider Nonsense herausgestellt.

Zumindest den letzten Punkt – so viel sei vorweggenommen – erfüllt sie ansatzweise. Warum die Voltbox ansonsten krachend scheitert, klärt die Analyse ihres Innenlebens. Damit Sie nicht auf uns allein vertrauen müssen, haben wir ein Exemplar dem VDE zur unabhängigen Begutachtung übergeben.

Elektrotechnisch Bewanderte erkennen schon am Gehäuse, dass die Voltbox nicht den Strom der heimischen Verbraucher beeinflussen kann: Sie hat keinen Schuko-Ausgang, an die man andere Geräte anschließen könnte, sondern sitzt parallel zu ihnen im Hausstromnetz und kann deshalb nur auf die Spannung wirken. Was für Laien spitzfindig klingt, ist technisch relevant: Damit eine Schaltung die von Verbrauchern gezogene Blindleistung kompensieren kann, muss sie deren Strom "formen", ihn also bei nichtlinearen Verbrauchern sinusförmiger machen und bei komplexen Lasten zeitlich verschieben.

Eine Blindleistungskompensation wäre bei induktiven Verbrauchern (Motoren, Elektromagneten) zwar mit parallel geschalteten Kondensatoren möglich. Doch die müssten dann einerseits so groß sein, dass sie nicht in das Kästchen passen, und andererseits mit dem Verbraucher ein- und ausgeschaltet werden. Ohnehin müssen die meisten elektrischen Verbraucher, die nennenswert Leistung aufnehmen, seit 2001 ab Werk mit einer Power-Factor-Correction ausgestattet sein. Das macht die Voltbox in Sachen Spannungsqualität für alle praktischen Belange überflüssig.

Schließlich wird die Blindleistung nur bei gewerblichen Großabnehmern berechnet und ist daher für Privatkunden belanglos. An der Wirkleistung der heimischen Verbraucher, die über die Betriebszeit zur bezahlten Energie wird, kann die Voltbox aber nichts drehen. Das bestätigte uns der VDE: "Das Produkt weist keinerlei Merkmale auf, die dem Produktversprechen entsprechen."

Dazu machte das VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut in Offenbach einen Versuch mit einem Hi-Fi-Verstärker als Verbraucher, der einen ausgeprägt nichtlinearen Strom zieht, was einen hohen Blindleistungsanteil bewirkt. Hier sollte die Voltbox ja ihr Wunder wirken können. Doch nach dem Einstecken des Kästchens zog das System sogar einen Tick mehr Wirkleistung statt deutlich weniger.

Bei 0,3 Watt Leistungsaufnahme halten sich die jährlichen Stromkosten der Voltbox selbst mit rund einem Euro aber im Rahmen. Wenn das Gerät nicht beim Energiesparen hilft, dann hat es vielleicht andere Funktionen.

Im Voltbox-Gehäuse sitzt eine kleine Platine mit wenigen Bauteilen sowie als "Filterelement" ein großer schwarzer Klotz, eine Blackbox im Wortsinn.

Um die zu finden, haben wir die Schaltung der Voltbox analysiert. Anscheinend basiert sie auf einem Überspannungsfeinschutz für zweipolige Stromnetze, dem der Hersteller ein zusätzliches "Filterelement" implantiert hat, im Bild der separate schwarze Klotz mit zwei Zuleitungsadern.

Der Rest der Schaltung besteht im Wesentlichen aus einem Varistor (RV1, Bauelement, das Überspannungen "kurzschließt") und einer Betriebsanzeige. Die Leuchtdiode wird aus einem kapazitiven Spannungsteiler (C1, R2) mit Brückengleichrichter (D1–D4) und Speicherelko (C2) gespeist.

Auffälligerweise hängt das Filterelement zwar einerseits direkt an einem Netzpol, ist auf der anderen Seite aber an ein Kupferpad angeschlossen. So ist der Filter nur schwach kapazitiv mit dem Stromnetz gekoppelt und würde allenfalls bei sehr hohen Frequenzen wirken, die dort aber gar nicht auftreten.

Da der Klotz nicht beschriftet ist, baten wir einen befreundeten Orthopäden, seinen "Röntgenblick" einzusetzen. Der deckt auf, dass in dem Kunststoffbecher außer den Drahtenden nur eine amorphe Vergussmasse steckt. Von metallischen Elementen, die man bei anderen elektronischen Bauteilen auf der Platine im Röntgenbild erkennt, war nichts zu sehen. Selten war der Begriff Placebo angebrachter als hier.

Auf dem Röntgenbild erkennt man unten auf der Platine als helle Flecken metallische Strukturen der elektronischen Bauelemente. Im Körper der Blackbox (oben) fehlt derlei. Abgesehen von den Enden der Zuleitungsdrähte steckt darin nur eine amorphe Vergussmasse.

In puncto "weniger künstlicher elektromagnetischer Strahlung (EMF/EMR)" können wir der Voltbox immerhin bestätigen, dass sie angesichts ihrer geringen Leistungsaufnahme und simplen Schaltung nicht nennenswert dazu beiträgt. Da sie aber die nichtlinearen Ströme anderer Verbraucher nicht reduzieren kann, kann sie auch die dadurch entstehenden niederfrequenten Magnetfelder im Bereich weniger Kilohertz nicht mindern.

Das einzig Wirksame an der Voltbox ist neben der Nachtlichtfunktion also ihre Überspannungsbegrenzung. Die ist aber auch nur halbgar, denn Überspannungen können auch zwischen den Netzpolen (Außenleiter L und Neutralleiter N) und dem Schutzleiter PE auftreten – der an der Voltbox aber fehlt. Gute Überspannungsableiter haben deshalb drei Varistoren sowie zusätzlich oft auch Gasableiter für stärkere Störpulse.

Wer nicht schon angesichts des technischen Geschwurbels auf der Voltbox-Webseite misstrauisch wird und vom Kauf Abstand nimmt, sollte sich vor dem Bestellen-Klick eines vor Augen führen: Gäbe es einen geheimen Trick, der elektrische Geräte dazu bringt, deutlich weniger Energie zu verbrauchen, dann hätten die Hersteller den längst umgesetzt, um ihr Energielabel in den grünen Bereich zu pushen.

Beim Energie sparen hilft die Voltbox offensichtlich nicht. Da sie aber wenigstens als halbgarer Überspannungsschutz funktioniert, können wir ihr nur das Etikett Nepp anheften. Betrug wäre Auslegungssache.

Stromspar-Placebo
Hersteller, URL UAB CommerceCore, getvoltbox.com
Bedienelemente Statusleuchte (Funktion)
Anschlüsse Stromnetz (zweipolig)
Funktionen Nachtlicht, Überspannungsbegrenzung (zweipolig)
Leistungsaufnahme 0,3 W (5,6 VA)
jährliche Stromkosten ca. 1 €
Preis (Einzelstück) 59 €
c’t Ausgabe 25/2021

In c’t 25/2021 sagen wir den steigenden Energiepreisen den Kampf an. Wer Stromfresser identifiziert, das eigene Verhalten anpasst und den heimischen Stromtarif optimiert, kann ordentlich sparen. Wir räumen mit Energiesparmythen auf und enttarnen ein Stromspar-Placebo. Außerdem haben wir 55-Zoll-TVs der Mittelklasse nebst passender Videostreaming-Dienste getestet. Ausgabe 25/2021 finden Sie ab dem 19. November im Heise-Shop und am gut sortierten Zeitschriftenkiosk.

(ea)