Activision Blizzard: Bericht über Belästigung belastet CEO Kotick schwer

Bobby Kotick, CEO von Activision Blizzard, soll jahrelang über Belästigung im Unternehmen informiert gewesen sein. Nun fordern Angestellte seine Entlassung.

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(Bild: Activision Blizzard)

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Activision-Blizzard-CEO Bobby Kotick soll jahrelang über sexuelles Fehlverhalten männlicher Angestellter informiert worden sein. Ein Bericht des Wall Street Journals belastet den langjährigen Chef des US-Spieleunternehmens schwer. Demnach soll Kotick Vorwürfe verschwiegen und selbst Mitarbeiterinnen belästigt haben.

Der am Dienstagabend deutscher Zeit veröffentlichte Bericht des Wall Street Journal schlägt bereits hohe Wellen: Hunderte US-Angestellte von Activision Blizzard haben sich zu einem spontanen Streik zusammengeschlossen, schreibt das Spielemagazin Polygon. Viele von ihnen fordern Koticks Entlassung.

Bobby Kotick soll unter anderem über einen Vergewaltigungsvorwurf informiert gewesen sein, den eine ehemalige Angestellte des Activision-Studios Sledgehammer gegenüber ihrem Vorgesetzten erhoben hatte. Der Unternehmenschef habe sich dazu entschieden, diese Information nicht mit dem Vorstand zu teilen, berichtet das Wall Street Journal. Die US-Zeitung stützt ihren Bericht auf Aussagen von Insidern sowie interne Dokumente und Mails. In einem weiteren Fall soll Kotick eine Führungskraft des "Call of Duty"-Studios Treyarch beschützt haben, nachdem ihm eine Mitarbeiterin sexuelle Belästigung vorgeworfen hatte.

2006 soll sich eine Assistentin über Kotick beschwert haben, der ihr per Sprach-Mail Morddrohungen geschickt habe. Diese Aussage sei bewusst übertrieben formuliert gewesen, heißt es in einem Statement von Activision Blizzard. Kotick bereue sie heute zutiefst. Der Fall sei schließlich außergerichtlich geklärt worden. 2007 soll Kotick außerdem von einer Flugbegleiterin verklagt worden sein, die Kotick sexuelle Belästigung vorwarf.

Im Juli hatte die kalifornischen Behörde Department of Fair Employment and Housing DFEH Klage gegen Activision Blizzard eingereicht. Darin wirft sie dem Unternehmen systematischen Sexismus und Diskriminierung gegenüber weiblichen Angestellten vor. Männliche Angestellte von Activision Blizzard hätten etwa sexistische Bemerkungen über ihre Kolleginnen abgegeben, Vorgesetzte sollen dieses Verhalten geduldet oder mitgetragen haben. Mitarbeiterinnen seien außerdem systematisch schlechter bezahlt worden und hätten verringerte Aufstiegschancen gehabt.

Für Ärger unter den Angestellten hatte auch die erste Reaktion von Activision Blizzard gesorgt: In einer internen Mail, die Blizzard-Managerin Frances F. Townsend zugeschrieben wurde, hatte das Unternehmen die Vorwürfe gegen das Unternehmen als "haltlos" und das Vorgehen der Behörde als "unverantwortlich" bezeichnet. Laut Wall Street Journal wurde die Mail tatsächlich von Bobby Kotick formuliert, nicht von Frances Townsend. Kotick bat wenige Tage später in einem offenen Brief um Entschuldigung für das interne Schreiben, für das er öffentlich Townsend verantwortlich machte.

Kotick kündigte schließlich eine "Null-Toleranz-Politik" an. Im Unternehmen sollten umfangreiche Maßnahmen ergriffen werden, um eine positivere Arbeitsplatzkultur zu schaffen. Führungskräfte sollten neu evaluiert und entlassen werden, sollten sich Vorwürfe gegen sie bestätigen. Mit J. Allen Brack verließ wenig später der Präsident von Activisions Blizzard-Abteilung das Unternehmen. Ersetzt wurde er kurz darauf von einer Doppelspitze aus Mike Ybarra und Jen Oneal.

Das Wall Street Journal berichtet, Oneal sei in ihrer Zeit bei Activision Blizzard selbst Opfer von sexueller Belästigung geworden. Außerdem verdiene sie weniger als ihr Kollege Ibarra. Nur einen Monat nach ihrer Beförderung zur Co-Präsidentin habe Oneal intern ihre Absicht erklärt, das Unternehmen zu verlassen: Sie fühle sich marginalisiert und diskriminiert, schrieb Oneal dem Wall Street Journal zufolge. Im September teilte Oneal schließlich mit, dass sie Activision Blizzard verlassen werden, um sich der Nonprofit-Organisation Women in Games International anzuschließen.

In einem Statement schreibt Activision Blizzard, der Bericht des Wall Street Journals zeichne ein verzerrtes Bild des Unternehmens und von Bobby Kotick. Vorfälle von sexuellem Missbrauch seien stets verfolgt worden. Kotick selbst geht in einer Stellungnahme nicht direkt auf die Vorwürfe ein. Stattdessen betont er die Maßnahmen, die er zur Verbesserung der Unternehmenskultur ergriffen habe.

Der Vorstand von Activision Blizzard hat sich derweil öffentlich hinter Bobby Kotick gestellt. "Wir bleiben zuversichtlich in die Führungsqualitäten von Bobby Kotick sowie in sein Engagement und seine Fähigkeit, unsere Ziele zu erreichen." Schon jetzt habe Kotick wichtige Schritte eingeleitet, um die Arbeit bei Activision Blizzard positiver und offener zu gestalten.

(dahe)