Die Maschine steht still: Das Buch, das Avatare lange vor Computern vorweg nahm

Das Metaversum ist keine neue Erfindung, wie der Klassiker "Die Maschine steht still" von E. M. Forster zeigt.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 23 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.

Das Motiv klingt vertraut. Eine übermächtige Maschine sorgt für alles, was man zum Leben braucht: Essen, Luft, Obdach, Kleidung, sogar Gedichte. Erst als sie außer Kontrolle gerät, erkennen die Leute ihre Abhängigkeit.

Wer nicht weiß, wann die Kurzgeschichte "Die Maschine steht still" erschienen ist, dürfte sich schwertun, sie zeitlich einzuordnen: 1970er? 1950er? 1930er gar? Tatsächlich ist sie bereits 1909 erschienen, also zu einer Zeit, als Deutschland noch Kaiserreich war. Ebenso erstaunlich ist, aus wessen Feder sie stammt: vom Engländer Edward Morgan Forster (1879 – 1970), bekannt vor allem durch seine Gesellschaftsromane "Wiedersehen in Howards End" und "Zimmer mit Aussicht".

Quasi nebenbei ist ihm ein Meilenstein der Science Fiction gelungen. Lange vor Entstehung von Radio, Fernsehen und Computer malte er sich eine Welt aus, in der Menschen isoliert in wohlklimatisierten, unterirdischen Waben leben und ausschließlich über Chats und Avatare miteinander kommunizieren. "Es wird eine Generation geben, die alle Tatsachen und Eindrücke hinter sich gelassen hat", schreibt er.

Die "Maschine" erfüllt die Bedürfnisse der Bewohner so perfekt, dass niemand mehr den Drang verspürt, die Erdoberfläche oder gar andere Menschen zu besuchen. Doch die Bequemlichkeit hat ihren Preis: "Es gab auf der Welt niemanden mehr, der das Ungetüm restlos verstand." Eigentlich sollte ein "Zentralgremium" die Maschine kontrollieren, doch das unterlag "einem übermächtigen Zwang unbekannten Ursprungs, aus dem sogleich weitere, nicht minder übermächtige Zwänge hervorgingen".

In der Folge schränkt die Maschine die Freiheiten der Menschen zunächst schrittweise ein, dann häufen sich die Fehlfunktionen, schließlich bricht das gesamte System völlig zusammen. Ursache ist offenbar ein Korrektur-Apparat, der selbst fehlerhaft ist, und für den es keinen eigenen Reparaturmechanismus gibt.

E. M. Forster: Die Maschine steht still. Hoffmann und Campe, 80 Seiten, 15 Euro (E-Book: 9,99 Euro)

(bsc)