Militärdiktatur Myanmars nutzt Steuern und Landminen gegen das Internet

Enorme Verteuerung soll Nutzer abschrecken. Landminen rund um Funkstationen verhindern Wartungsarbeiten.

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Landmine unter Pflanzen

Landmine unter Pflanzen

(Bild: SrA Justin D. Pyle/US-Army (gemeinfrei))

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Die Militärdiktatur Myanmars (Burma) versucht weiter, Bürger daran zu hindern, Informationen auszutauschen und sich zu organisieren. Weil das vor allem über Telekommunikationsnetze läuft, setzt sie dort die Daumenschrauben an. Ziel ist offenbar, die Internetnutzung generell zu reduzieren, und die verbleibenden User zum militäreigenen Netzbetreiber zu scheuchen. Sogar mit Landminen.

Beim Militärcoup haben die neuen Machthaber zunächst Myanmars Internet und Telefonleitungen geklappt. Weil das die Wirtschaft lahmlegte, was die komplette Abschaltung nur kurzfristig zu halten. Soziale Netzwerke wie Facebook bleiben verboten.

Das Gedeihen der Wirtschaft ist für die Diktatur besonders wichtig, denn das Militär finanziert sich über ein riesiges Firmennetz. Weil viele Firmenbeteiligungen bekannt sind, boykottieren Bürger Militärfirmen so gut es geht. Das hat insbesondere der Mobilfunk-Netzbetreiber des Militärs zu spüren bekommen, der seither Millionenverluste schreibt und unter einem Streik eines Teils der Belegschaft leidet.

Es folgte umfangreiche Überwachung aller Telecom-Nutzer und ihrer Nachrichten sowie Telefonate. Der norwegische Netzbetreiber Telenor wollte daraufhin sein Mobilfunknetz in Myanmar an libanesische Investoren verkaufen, um sich nicht an den Menschenrechtsverletzungen beteiligen zu müssen. Doch hat die Militärjunta hat die erforderliche Genehmigung nicht erteilt, weil sie den Verkauf an ein lokales Unternehmen erzwingen möchte, vermutlich zu einem symbolischen Preis. Um die Durchsetzung der Netzüberwachung zu erpressen, hat Myanmar ein Ausreiseverbot für Telecom-Manager verhängt.

Im Dezember folgte ein Befehl zu neuen Mindestpreisen für Datenübertragung. Seit 8. Dezember 2021 kostet Internetnutzung fast doppelt so viel wie zuvor. Das können sich viele Leute nicht leisten, nicht zuletzt die bei der Diktatur wenig geliebten Studenten. Sie fürchten um ihre Zukunft und sind politisch besonders unfolgsam.

Erst einen Tag zuvor, am 7. Dezember, hatte sich Meta dazu durchgerungen, die bekannten Militärfirmen Myanmars von Facebook und Instagram zu entfernen. Einige Stunden zuvor hatten Vertreter der Rohingya, einer muslimischen Minderheit in Myanmar, Meta auf 150 Milliarden US-Dollar Schadenersatz verklagt. Der US-Konzern habe nicht ausreichend darauf reagiert, dass Facebook jahrelang als Werkzeug für Völkermord an den Rohingya genutzt wurde.

Kurz nach Jahreswechsel führt die Militärjunta nun eine neue Steuer von 15% auf Telekommunikationsdienste ein. Das ist das Dreifache der üblichen Verkaufssteuern. Außerdem kommt eine stattliche Abgabe für neue SIM-Karten.

So werden immer mehr einfache Bürger vom Zugang zu Telekommunikation ausgeschlossen. Wohlhabende können online bleiben, müssen durch die Steuer aber die Diktatur finanzieren. Offiziell dienen die Preiserhöhungen dazu, die "extreme Nutzung von Internetdiensten" und deren Auswirkungen auf "Beschäftigung und mentale Leiden einer neuen Studentengeneration" hintanzuhalten.

Besonders alarmierend sind Berichte, wonach das Militär seit Herbst rund um Funktürme der privaten Netzbetreiber Landminen verlegt. Mancherorts wurden Anrainer per SMS davor gewarnt, sich den Sendestandorten zu nähern. Telenor Myanmar soll sich als einziger Netzbetreiber getraut haben, die Verminung durch das Militär zu bestätigen. Die genaue Lage der Minen ist allerdings nicht bekannt.

Offiziell sollen die international geächteten Minen die Infrastruktur schützen. Tatsächlich hindern sie die privaten Netzbetreiber daran, ihre Netzeinrichtungen zu warten. Das führt mit der Zeit zu einem Qualitätsverlust und schließlich dem Zusammenbruch der privaten Netze, was dem vom Militär betriebenen Mobilfunknetz einen enormen Vorteil verschafft. Dessen User können effizienter kontrolliert, überwacht und jederzeit abgeschnitten werden.

(ds)