Studie: Höher Gebildete nutzen öfter das Fahrrad

Ein Kölner Soziologe sieht einen starken Zusammenhang zwischen Radmobilität und Bildungsniveau. Das könne auch mit dem Fahrrad als Statussymbol zu tun haben.

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Radweg-Kennzeichnung in Bremen.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 3 Min.

"Es gibt immer mehr Menschen mit höherer Bildung, und die fahren immer mehr Fahrrad. Beide Trends setzen sich aktuell ungebremst fort." Das sagte der Soziologe Dr. Ansgar Hudde vom Institut für Soziologie und Sozialpsychologie (ISS) der Universität zu Köln. Er hat herausgefunden, dass Stadtbewohner und Stadtbewohnerinnen in Deutschland mit Abitur 2018 mit 70 Minuten pro Woche durchschnittlich doppelt so viel Rad fuhren wie noch 1996, jene ohne Abitur waren 1996 26 Minuten und 2018 und 42 Minuten wöchentlich mit dem Rad unterwegs. Bei Bewohnern und Bewohnerinnen weniger urbaner Gegenden ohne Abitur habe sich in diesem Zeitraum aber kaum etwas verändert.

Einen großen Teil des Fahrradbooms führt Hudde auf die Bildungsexpansion zurück. "Die Daten zeigen einen starken Zusammenhang zwischen Radmobilität und Bildungsniveau", sagt der Soziologe. Um diese zu ermitteln, hat er mehr als 800.000 Wege ausgewertet, die mehr als 55.000 Befragte zurückgelegt haben. Die Daten stammen aus dem deutschen Mobilitätspanel (MOP) und dem Sozioökonomischen Panel (SOEP) für die Jahre 1996 bis 2018 sowie der BMVI-Studie "Mobilität in Deutschland 2017".

Eine Teilerklärung für das Phänomen sei, dass Personen mit Hochschulabschluss etwas häufiger in fahrradfreundlichen Städten und Stadtvierteln wohnen. Die Auswertung der statistischen Daten verdeutliche aber auch, dass sich die Bildungsunterschiede ebenfalls innerhalb von Städten und Stadtvierteln zeigen. Personen mit Hochschulabschluss nutzen in der Stadt das Fahrrad fast 50 Prozent häufiger als Personen ohne Hochschulabschluss, dabei seien Faktoren wie Alter, Geschlecht und Wohnort bei der Untersuchung konstant gehalten wurden. "Die Ergebnisse deuten insgesamt klar darauf hin, dass es der Bildungsstand selbst ist, der zu mehr Radfahren führt", erklärte Hudde.

Die bisherige Forschung habe gezeigt, dass Menschen ihr Verkehrsmittel nicht nur nach den Kosten oder der Reisezeit auswählen, sondern auch danach, was es symbolisiert und welche Botschaft damit an Dritte gesendet werden. Ein teures Auto könne Reichtum und beruflichen Erfolg ausdrücken, aber wenig Gesundheits- oder Umweltbewusstsein.

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"Beim Fahrrad ist es genau umgekehrt. Personen mit höheren Bildungsabschlüssen laufen meist nicht Gefahr, dass sie als arm oder beruflich erfolglos wahrgenommen werden – selbst dann, wenn sie mit einem günstigen Rad unterwegs sind. Sie können mit dem Fahrrad vielmehr an Status gewinnen, wenn sie sich als modern, gesundheits- und umweltbewusst zeigen", erläutert Hudde. "Dagegen könnten Personen mit weniger hohen Bildungsabschlüssen ein teures Auto eher als Statussymbol nutzen, um zu zeigen, dass sie es zu Wohlstand gebracht haben."

Menschen mit niedrigeren Bildungsabschlüssen verfügten häufiger über geringe finanzielle Ressourcen und seien im Durchschnitt bei schlechterer Gesundheit. Das Fahrrad könne solche Ungleichheiten mildern, aber das Gegenteil sei der Fall. Viele Städte fördern den Radverkehr und verteilen Straßenraum vom Auto- zum Radverkehr hin um. Zurzeit komme dies aber in erster Linie den höher Gebildeten zugute.

Die Ergebnisse der Studie wurden in zwei Artikeln zusammengefasst, veröffentlicht wurden sie in den Fachzeitschriften Journal of Transport Geography sowie Sociology.

(anw)