Historische Kryptoanalyse: So knackt man geheime Nachrichten aus dem Vatikan

Kryptografie ist keine Erfindung des Computerzeitalters. Im 16. Jahrhundert war der Vatikan Vorreiter bei der sicheren Datenübertragung.

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, Bild: Albert Hulm

(Bild: Albert Hulm)

Lesezeit: 15 Min.
Von
  • Nils Kopal
  • Beáta Megyesi
Inhaltsverzeichnis

Schon kurz nach der Erfindung der Schrift entwickelten Menschen das Bedürfnis, wichtige geschriebene Informationen so zu verbergen, dass nur bestimmte Empfänger sie lesen können. Innerhalb der letzten viertausend Jahre entwickelte sich daher die Kryptografie, also die Wissenschaft und Kunst des geheimen Schreibens, stetig weiter. Heute liegen viele historische, teilweise mehrere Hundert Jahre alte und rätselhaft verschlüsselte Dokumente in Archiven über die ganze Welt verteilt – zum Beispiel im Vatikanischen Apostolischen Archiv (das früher Geheimarchiv hieß) oder im Haus-, Hof- und Staatsarchiv in Wien. Experten gehen davon aus, dass – selbst wenn nur ein Prozent aller archivierten Dokumente verschlüsselt sind –, diese zusammengenommen Hunderte Meter Archivgänge füllen würden; ein großer Teil dieser Dokumente ist bis heute nicht entschlüsselt worden.

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Viel Arbeit für die Kryptoanalytiker – die natürlichen Gegenspieler der Kryptografen – die sich ums Entschlüsseln von verschlüsselten Texten bemühen. Und deren Arbeit wird zusätzlich erschwert: Zumeist sind die verschlüsselten historischen Dokumente nicht zentral archiviert, nicht digital zugänglich, über verschiedene Regale und Boxen in den Archiven verstreut und müssen von interessierten Forschern zunächst mühsam zusammengetragen werden. Immer wieder stolpern Historiker über verschlüsselte Dokumente, können aber wenig damit anfangen, weil Entschlüsselung nicht zu ihren geübten Tätigkeiten gehört.

Das Entschlüsseln historischer Texte ist eine interdisziplinäre Aufgabe, die weder Historiker noch Informatiker allein bewältigen können. Zu gemeinsamen Erfolgen verhelfen das DECRYPT-Projekt und sein Vorgänger namens DECODE. Ziel der Forschungszusammenarbeit ist, historische Kryptologie in großem Umfang systematisch und interdisziplinär zu erforschen. Geleitet wird das Projekt aus Uppsala in Schweden. Ein Team aus Historikern, historischen und Computer-Linguisten, Philologen, Informatikern und Kryptologen aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Israel, den Niederlanden, der Slowakei, Spanien und Ungarn arbeitet gemeinsam an dem Ziel, die verschlüsselte Vergangenheit in Form von originalen Dokumenten zusammenzutragen. Mithilfe von computergestützten Methoden werden sie analysiert und die Ergebnisse einer breiten Öffentlichkeit verständlich nähergebracht.