ESA will Forschung zur Solarenergie aus dem All wieder aufnehmen

Die europäische Raumfahrtbehörde ESA diskutiert erstmals wieder über orbitale Sonnenenergie und setzt dabei auf einen Ideenwettbewerb.

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Konzept eines Demonstrators für die Solarenergie-Übertragung von einem Satelliten aus.

(Bild: ESA)

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Die Idee, ein Solarkraftwerk in einer Erdumlaufbahn zu installieren, und die Energie dann mit Mikrowellen zur Erden zu schicken, erlebt zur Zeit eine erstaunliche Renaissance.

Der US-Ingenieur Peter Glaser hatte sie bereits in den 1960er Jahren in zahlreichen Veröffentlichungen beworben. Solch ein Satellit, schrieb er, könne 24 Stunden am Tag die Sonne nutzen und werde auch nie von Wolken abgeschattet. Zudem komme auf der Erdoberfläche sowieso nur ein Teil der verfügbaren Sonnenenergie an. Könne man – außerhalb der Atmosphäre – das volle Spektrum der Sonne für die Photovoltaik nutzen, wäre dies weitaus ergiebiger als unten auf der Erde. In den 1970er Jahren verkündete die NASA, schon bald könnten sich die USA mit Hilfe von Solarkraftwerken im All von fossilen Energieträgern unabhängig machen.

Tatsächlich wird rund ein Drittel der von der Sonne eingestrahlten Energie unmittelbar von der Atmosphäre reflektiert. Von der nicht reflektierten Energie wird wiederum rund ein Drittel in der Atmosphäre absorbiert. Allerdings muss man die Energie, um sie zur Erde zu transportieren, in Mikrowellen wandeln – und natürlich im Empfänger auf der Erde noch einmal zurück. Zudem muss zunächst ein tonnenschweres Solarkraftwerk in die Umlaufbahn befördert werden. Aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus wurde die Idee dann auf Eis gelegt.

Doch nun scheint das Interesse neu erwacht. Die europäische Raumfahrtagentur ESA will die Forschung an der Solarenergie aus dem All wiederbeleben, wie sie in einer Pressemitteilung erklärt. Allerdings noch auf einem sehr vorsichtigen Niveau: Im Rahmen eines Ideenwettbewerbs wurden von 85 eingereichten Vorschlägen insgesamt 16 Vorschläge ausgewählt, die nun weitere, ausführliche Konzepte einreichen dürfen – aus denen dann tatsächlich Forschungsprojekte werden könnten. Zu diesen Vorschlägen zählt unter anderem die Entwicklung einer Mikrowellen-Energieübertragung für lunare Rover, Techniken zur Konstruktion von Solarkraftwerken im All mit 3D-Druckern oder auch Konzepte zum Abwracken solcher Stationen, wenn sie außer Dienst gehen müssen. Im Dezember hatte die ESA zudem einen Workshop veranstaltet, um über den Stand der Entwicklung und internationale Forschungsprojekte zu diskutieren.

International gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Projekten dazu – oder zumindest vorläufige Überlegungen. So hatte beispielsweise Ende 2021 in einem Gutachten für die britische Regierung das Beratungsunternehmen Frazer Nash geschrieben, es sei nicht nur technisch machbar, sondern auch wirtschaftlich interessant, bis 2050 ein Solarkraftwerk im All mit drei bis 5 Gigawatt Leistung zu installieren.

Am ambitioniertesten sind jedoch derzeit die chinesischen Pläne. Laut Medienberichten vom August 2021 planen chinesische Forscher zunächst, eine Energieübertragung aus Ballons in 300 Meter Höhe zu testen. Im zweiten Schritt sollen die Ballons dann auf zwei Kilometer Höhe aufsteigen, um dann die Distanzen schrittweise bis zur Stratosphäre zu steigern. Laut der Roadmap der China Academy of Space Technology soll 2030 ein Prototyp im Megawatt-Bereich um die Erde kreisen. Bis 2050 könnten Solarkraftwerke im Gigawatt-Bereich Energie zur Erde senden.

(wst)